GA gelistet Diese Sagen gibt es in Bonn

Bonn · Römergeister in der Innenstadt, ein Wunderheiler am Kreuzberg, Vorzeichen des Schlossbrandes und ein Gespenst am Friedensplatz. Viele Sagen kursierten einst in Bonn. Wir stellen einige Geschichten vor.

 Der Bonner Marktplatz im 18. Jahrhundert.

Der Bonner Marktplatz im 18. Jahrhundert.

Foto: Stadtarchiv Bonn

Sagen gehören mitunter zu den vielfältigsten Literaturgattungen. Einige beruhen auf wahren Begebenheiten und können historisch belegt werden, andere wiederum entsprangen der Fantasie der Menschen und haben nichts mit der Realität zu tun. Aus manchen Sagen spricht tiefe christliche Gläubigkeit, volkstümlicher Aberglaube, Humor und nicht zuletzt auch tiefe Not oder Wunschdenken. Vor allem eines haben aber alle gemeinsam: Aus ihnen spricht die Seele der Menschen der Region. Wir geben einen Überblick über Bonner Erzählungen vom Mittelalter bis in die Neuzeit.

Vom Wunderdoktor Max

Das damalige Kloster und der Garten auf dem Kreuzberg in Bonn gehörten in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts einem Johann Georg Max, der dort eine stark besuchte Gastwirtschaft führte. Das Kloster wurde zu jener Zeit im Zuge der Säkularisation von 1802 vom Staat enteignet und aufgelöst. Der Gastwirt behauptete, Kenntnis von Heilfähigkeiten zu haben, die ihm der letzte Klostergärtner mitgeteilt habe. Einige seiner Kuren gingen wohl glücklich aus, weshalb er weite Bekanntheit als Wunderdoktor erlangte. Am Ende seiner Sprechstunden empfahl er nahezu allen seinen Patienten, vor dem Schlafengehen ein Glas Glühwein zu trinken. Johann Georg Max starb 1847 im Alter von 104 Jahren und wurde vor der Kirche begraben.

 Die Kreuzbergkirche in Bonn-Ippendorf.

Die Kreuzbergkirche in Bonn-Ippendorf.

Foto: Jonas Dirker

Der Metzger und das Gespenst

Am heutigen Bonner Friedensplatz befand sich damals der sogenannte Viehmarkt. Dieser Name taucht erstmals im Jahr 1715 urkundlich auf und wurde nach der Inbetriebnahme der Vorgebirgsbahn im Jahr 1899 auf Beschluss des Stadtrats nach Kaiser Friedrich III. von Preußen in Friedrichsplatz umbenannt. Zu jener Zeit am Anfang des 18. Jahrhunderts, als der Platz noch für den Handel mit Vieh genutzt wurde, ereigneten sich sonderbare Dinge in einem Gasthaus, die wohl niemand erklären konnte: Jede Nacht soll es dort gespukt haben, sodass alle Gäste die Flucht ergriffen. Das Ganze ging so weit, dass sich letztendlich niemand mehr dorthin traute.

So kam es, dass ein Bornheimer Metzger und sein Hund eines Abends keinen freien Schlafplatz in den umliegenden Gasthäusern finden konnten und sich in ebenjenes Spukhaus begaben. Trotz aller Warnungen des Wirts bestand der Metzger darauf, dort zu übernachten. Da der Wirt abends immer das Gasthaus aus lauter Furcht verließ, verbrachten der Metzger und sein vierbeiniger Gefährte die Nacht dort alleine. Um Mitternacht ging schließlich das Gepolter im Speicher über der Wirtsstube los. Daraufhin sprang die Tür auf und eine gewaltige Erscheinung in Form eines behaarten Tieres mit Ketten und Hörnern kam herein. Der Metzger ließ seinen Hund auf das Ungeheuer los, das kurzerhand die Flucht ergriff.

Wie sich herausstellte, steckte hinter dem Spuk am Bonner Viehmarkt ein Mann in Ochsenfell, der nebenan wohnte. Jeden Abend kroch er auf dem Dach durch das Fachwerk des Hauses und schloss es anschließend wieder sorgfältig hinter sich, damit keiner Verdacht schöpfte. Mit dieser Untat wollte er wohl den Wert des Gasthauses vermindern, um es selber zu erwerben. Der Mann wurde verhaftet und kam ins Gefängnis.

Das Sterntor am Ende der Sternstraße im 19. Jahrhundert.

Das Sterntor am Ende der Sternstraße im 19. Jahrhundert.

Foto: GA-Archiv

Vorzeichen des Schlossbrandes

Das kurfürstliche Schloss dient seit 1818 der Universität Bonn als Hauptgebäude. Im Jahr 1777 brannte das Schloss aus. Das Feuer brach im Westflügel aus, verbreitete sich im Dachgestühl und sorgte für eine gewaltige Explosion in der damaligen Pulverkammer. Sogar die Stadt lief Gefahr, in Brand zu geraten. Brandschutzbedenken sind nicht erst seit jüngster Zeit Thema im heutigen Hauptgebäude der Uni Bonn.

In der Nacht zum 13. Januar 1777 soll ein kurkölnischer Soldat, der im Hof der Privatgemächer des Kurfürsten auf seinem Wachposten stand, etwas Merkwürdiges erlebt haben. Während der Wachablösung wurde er von seinem Nachfolger ohnmächtig aufgefunden. Als der Soldat dann zu sich kam, erzählte er von einer Vision, die er gerade erlebt haben soll: Kaum hatte er seine Wache angetreten, sah er im bewölkten Himmel plötzlich eine Stelle, die immer klarer wurde, bis die entstandene Wolkenlücke sich in einen Feuerregen verwandelte. Mehrere Minuten soll es angedauert haben, sodass der Soldat nach eigenen Angaben in Schockstarre verfiel. Der Feuerregen verflüchtigte sich, ohne Flammen zu zünden. Der Himmel verdunkelte sich anschließend wieder. Daraufhin soll es noch einmal hell am Himmel geworden sein. Der Soldat berichtete, dass er daraufhin mehrere Särge am Himmel gesehen habe.

Der Stadtkommandant Ignaz de Cler erzählte die Geschichte der Schildwache in einer größeren Gesellschaft. Mit dabei war der 36 Jahre alte Hofrat von Breuning, der sofort sagte, eines der Särge sei für ihn bestimmt. Die Angehörigen lachten und die Geschichte wurde als Humbug abgetan. Zwei Tage später, am 15. Januar 1777, kam es dann zum historischen Brand des kurfürstlichen Schlosses. Der Hofrat von Breuning wurde beim Versuch, Schriften aus dem Archiv zu retten, von einem herabstürzenden Tor erfasst und brach sich das Rückgrat. Damals entstanden Gerüchte, dass es sich aufgrund der Schnelligkeit des Feuerausbruchs und der Explosion der Pulverkammer um Brandstiftung handelte.

Der große Schlossbrand. Am Morgen des 15. Januar 1777 stand das Kurfürstliche Schloss in Flammen (Radierung von François Rousseau).

Der große Schlossbrand. Am Morgen des 15. Januar 1777 stand das Kurfürstliche Schloss in Flammen (Radierung von François Rousseau).

Foto: Stadtarchiv Bonn/François Rousseau

Der Dransdorfer Bauer und die Römergeister

Die Sage vom Dransdorfer Bauern und den Römergeistern bringt uns zurück zum Kreuzberg. Die alte Römerstadt Bonn hatte vor ihren Toren den bekannten Wallfahrtsberg, der unter dem Namen Kreuzberg bekannt ist. Zahlreiche Pilger zogen dorthin zur reliquienreichen heiligen Stiege in der alten Klosterkirche und beteten in der Marterkapelle. Vor langer Zeit pilgerte ein Bauer aus Dransdorf hinauf zum Kreuzberg und bat in seiner leiblichen Not die Bonner Stadtpatronen Cassius und Florentinus um Beistand. Cassius und Florentinus waren römische Soldaten der thebäischen Legion und weigerten sich Ende des 3. Jahrhunderts, gegen andere Christen zu kämpfen.

 Die Heilige Stiege auf dem Kreuzberg.

Die Heilige Stiege auf dem Kreuzberg.

Foto: Barbara Frommann

Auf seiner Heimreise kam er am Bonner Münster vorbei und warf eine Geldspende in den Opferkasten. Da es schon dämmerte, legte der Bauer sich in seiner Erschöpfung auf eine Bank in der Kirche und schlief ein. Nachdem der Glöckner ihn hinausschmiss, machte er sich auf seinen weiteren Weg und legte sich auf die Gemäuer des Römerturms am Sterntor, um sich dort auszuruhen. Als ihm jemand auf die Schulter klopfte, schreckte er auf und sah einen Mann mit einem römischen Soldatenhelm und schuppigem Kriegerhemd. Neben ihm standen zwei Gefährten, die ähnlich gekleidet waren und dem Bauern freundlich zuwinkten. Der Dransdorfer sah in den drei Männern das Abbild der römischen Helden in der Marterkapelle und folgte ihnen. Die drei Männer führten den Bauern durch den mächtigen Bau des Sterntors, wo auf einem Tisch in einem hoch gewölbten Raum ein Haufen Gold lag. Die Helden füllten dem Dransdorfer Bauern die Taschen voll mit Gold und riefen „Vivat!“ (zu Deutsch: „Lebehoch“).

 Die Skulpturen der Stadtpatronen Cassius und Florentinus vor dem Bonner Münster.

Die Skulpturen der Stadtpatronen Cassius und Florentinus vor dem Bonner Münster.

Foto: Volker Lannert

Daraufhin erwachte der Bauer erneut aus dem Schlaf und fand sich liegend im Römerturm am Sterntor. In seinen Taschen befand sich haufenweise Gold. Im Wirtshaus am Sterntor erzählte er von seiner Geschichte, welche in kurzer Zeit große Bekanntheit erlangte. Die Gasse, die vom Münsterplatz ins Sterntor mündete, wurde fortan Vivatsgasse genannt. Der Römerturm stand dort fast 2000 Jahre.

Es handelt sich hierbei um eine Auflistung, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit hat oder objektiven Kriterien gefolgt wäre.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort