Lesung aus Dostojewskijs „Verbrechen und Strafe“ Schauspieler Franz Hartwig liest in Bonn

Franz Hartwig liest in Bonn Dostojewskij – begleitet von Lena Kravits

 Am 31. Mai zu Gast in Bonn: Der Schauspieler Franz Hartwig liest  in der Münsterbasilika aus Dostojewskijs „Verbrechen und Strafe“

Am 31. Mai zu Gast in Bonn: Der Schauspieler Franz Hartwig liest in der Münsterbasilika aus Dostojewskijs „Verbrechen und Strafe“

Foto: picture alliance/dpa/Henning Kaiser

Zuletzt war es in Deutschland und anderen westlichen Ländern vielfach ruhig geworden um die russische Kultur. Angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine zeigten viele Veranstalter Berührungsängste gegenüber dem östlichen Nachbarn – so entschieden sich viele Veranstalter kurz nach Kriegsbeginn, russische Komponisten oder Schriftsteller von ihren Programmen zu streichen, Konzerte lebender russischer Künstler wurden abgesagt. In Bonn ist Fjodor Dostojewskij (1821-1881) weiterhin willkommen. Auf Einladung des Vereins Kunstsalon sowie der Initiative „Literatur in den Häusern der Stadt - Zwischenspiel“ liest der Schauspieler Franz Hartwig am 31. Mai in der Bonner Münsterbasilika aus Dostojewskijs Klassiker „Verbrechen und Strafe“. Musikalisch begleitet wird er dabei von der Cellistin Lena Kravits.

Nicht „besser als eine Laus“ erscheint dem Studenten Raskolnikow eine alte Wucherin, weshalb er glaubt, sie töten und ausrauben zu können. Sein Herz wehrt sich ebenso wie sein Unterbewusstsein gegen die geplante Tat, doch von sozialer Not gedrängt und gefangen in lebensfeindlichen Ideen, wird er zum Mörder. Die grenzenlose Einsamkeit, die dem Verbrechen folgen, lassen ihn erkennen, dass der Weg aus der Vereinsamung nur über Geständnis und Strafe führen kann. Gewählt haben die Veranstalter für die Lesung die gefeierte Neuübersetzung von Swetlana Geier. Vor dem Hintergrund des russischen Krieges gegen die Ukraine wird das Buch von Rezensenten noch einmal mit ganz anderen Augen gesehen.

„Ich bin ein Bewunderer der russischen Kultur“

Auch Franz Hartwig sieht den Roman als hochaktuell an. „Es gibt etliche Menschen in unserer Welt, die sich – wie Raskolnikow anfangs – als ‚außergewöhnliche Menschen‘ begreifen, welche die ‚gewöhnlichen Menschen‘ für ihre Zwecke ‚gebrauchen‘“, sagt er dem General-Anzeiger. Eine Beziehung zur russischen Kultur hat der gebürtige Dresdner seit seiner Schulzeit, wo er Russisch dem Französischen als zweite Fremdsprache vorgezogen hat, wie er berichtet. „Ich wollte eine neue Form der Schrift kennenlernen, außerdem finde ich den Klang der russischen Sprache außerordentlich melodisch“, sagt der 37-Jährige und gerät ins Schwärmen: „Russland hat uns kulturell so viel geschenkt, von Tolstoi und Dostojewskij über Puschkin zu Gogol, von den zahlreichen Komponisten ganz zu schweigen. Meine Diplomarbeit habe ich über Stanislawskis Schauspielmethoden, am Beispiel von Tschechows Theaterstücken geschrieben. Man kann sagen, ich bin Bewunderer der russischen Kultur.“

Gefragt nach geeigneten Mitteln, Klassiker des 19. Jahrhunderts in Zeiten von Netflix, Tiktok & Co. gegenüber einem breiten Publikum vermittelbar zu halten, sieht der gelernte Theaterschauspieler hierin gar keinen Widerspruch: So bedienten sich erfolgreiche Streamer und Drehbuchverantwortliche ohnehin an den Ideen und Geschichten großer Schriftstellerinnen und Schriftsteller. „Motive Shakespeares oder, sehr aktuell, Remarques, begegnen uns immer wieder. Jede Epoche hat seine eigene Art des Entertainments, nur die Form der Darbietung ändert sich“, sagt Hartwig. Und er ergänzt: „Gute Geschichten bleiben über Jahrhunderte bestehen. Schlechte hingegen, geraten in Vergessenheit. Die Geschichte von ‚Verbrechen und Strafe‘, die ideologischen Motive, die Raskolnikow antreiben, sind zu jeder Zeit aktuell.“ Gewiss verändere sich Sprache über die Zeit: „Aber mit dieser wunderbaren Übersetzung, der Auswahl der Texte und nicht zuletzt durch die Verbindung aus gesprochenem Wort und Musik von Lena Kravits werden wir den einen oder die andere sicher zum Wiederentdecken der kompletten Lektüre bewegen“, ist Hartwig überzeugt. Ihn selbst kennen die Zuschauer von der Theaterbühne oder aus vielen TV-Produktionen wie „Der Pass“, „Charité“, „Brecht“, „Martha Liebermann – Ein gestohlenes Leben“ oder „Unsere wunderbaren Jahre“.

Die Botschaft an Gott oder die Liebe zu glauben

Auch für Bonns Stadtdechant und Münsterpfarrer Wolfgang Picken bleibt der bereits 1866 erschienene Roman ein zeitloses Dokument der Literatur. „Themen wie Glaube und Sühne rücken in den Mittelpunkt und die Botschaft an Gott oder die Liebe zu glauben, verleihen Kraft“, so Picken.

Termin: Münsterbasilika, Münsterplatz, 31. Mai, 19.30 Uhr. Karten gibt es über Bonnticket, weitere Infos unter:
www.kunstsalon.de/veranstaltungen