Reisewarnung Deutschland erklärt große Teile der Niederlande zum Corona-Risikogebiet

Berlin/Wien · Die Stadthotellerie in Wien ist ohnehin schwer angeschlagen - mit einer Erholung von den Corona-Folgen wird erst in Jahren gerechnet. Nun kommt ein neuer Schlag für den wichtigen Stadttourismus in Österreichs Hauptstadt. Betroffen sind auch große Teile der Niederlande und Wien.

 Menschen schlendern am Abend an einer Gracht entlang durch den Rotlichtbezirk De Wallen in Amsterdam.

Menschen schlendern am Abend an einer Gracht entlang durch den Rotlichtbezirk De Wallen in Amsterdam.

Foto: dpa/Koen Van Weel

Wegen der gestiegenen Zahl von Corona-Neuinfektionen hat die deutsche Bundesregierung die österreichische Hauptstadt Wien zum Risikogebiet erklärt und eine entsprechende Reisewarnung ausgesprochen.

Das bundeseigene Robert Koch-Institut (RKI) veröffentlichte am Mittwoch eine aktualisierte Liste der Corona-Risikogebiete, in der nun auch das Bundesland Wien als einziges Risikogebiet in Österreich aufgeführt wird. „Vor nicht notwendigen, touristischen Reisen in das Bundesland Wien wird aufgrund hoher Infektionszahlen derzeit gewarnt“, teilte darauf hin das Auswärtige Amt in Berlin mit.

Zentrales Kriterium für die Einstufung als Risikogebiet ist, in welchen Staaten oder Regionen es in den vergangenen sieben Tagen mehr als 50 Neuinfizierte pro 100 000 Einwohner gegeben hat. Meist folgt kurz nach der Einstufung als Risikogebiet eine entsprechende Reisewarnung des Auswärtigen Amtes.

Die Einstufung als Risikogebiet bedeutet praktisch für deutsche Urlauber einen Corona-Pflichttest und Quarantäne bei der Rückkehr, bis ein negatives Testergebnis vorliegt. Eine Reisewarnung geht weiter: Sie ist zwar kein Verbot, soll aber eine erhebliche abschreckende Wirkung haben. Allerdings hat sie auch eine positive Seite für Verbraucher: Sie ermöglicht es Reisenden, Buchungen kostenlos zu stornieren.

Vor diesem Hintergrund ist die neue Einschätzung aus Berlin ein heftiger Schlag für den für Wien wichtigen und ohnehin angeschlagenen Stadttourismus. Die deutsche Reisewarnung verschärfe die Situation für den Wiener Tourismus noch weiter, sagte Susanne Kraus-Winkler, die Vertreterin der Hotellerie in der österreichischen Wirtschaftskammer. „Viele Unternehmerinnen und Unternehmer sind einfach nur mehr verzweifelt und überlegen, ihre Betriebe wieder komplett zuzusperren“, sagte sie einer Mitteilung zufolge.

Als Folge der Corona-Krise hatte beispielsweise das Traditionshotel Sacher am Dienstag an seinen Standorten in Wien und Salzburg 140 Mitarbeitern gekündigt. Allein in Wien sind 105 Beschäftigte betroffen. „Dramatischer kann eine Situation nicht sein“, sagte Sacher-Chef Matthias Winkler. Der Umsatz bei Sacher werde 2020 bei nur 25 Prozent des Vorjahres (rund 100 Millionen Euro) liegen. Im nächsten Jahr würden es „vielleicht 30 bis 35 Prozent“, so Winkler. Er rechne damit, dass der internationale Tourismus vier bis Jahre brauchen werde, um sich wieder zu erholen.

Vor allem Feiern im Familien- oder Freundeskreis sind nach Ansicht von Österreichs Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) für die anhaltend hohe Zahl der Corona-Neuinfektionen in der gesamten Alpenrepublik verantwortlich. Das Land befinde sich in einer entscheidenden Phase, sagte Anschober am Mittwoch.

Die Prognosen gingen deutlich auseinander. Die eher positive Variante sage ein tägliches Plus von etwa 650 Fällen voraus, pessimistischere Varianten gingen von 1500 täglichen Neuinfektionen aus. Am Mittwoch wurden 768 neue Fälle verzeichnet. Auch die Zahl der belegten Krankenhausbetten beginne spürbar zu steigen, sagte Anschober.

Mit dieser Entwicklung liegt Österreich deutlich über dem Trend in Deutschland. Unter Berücksichtigung der Zahl der Einwohner sind die Infektionszahlen in Österreich gut drei Mal höher. 3600 der derzeit rund 6600 aktiven Fälle in Österreich werden aus Wien gemeldet. Die Schweiz hatte die österreichische Hauptstadt daher bereits auf die Liste der Risikogebiete gesetzt.

Im einzelnen gelten folgende neuen Reisewarnungen:

  • Frankreich: Die Reisewarnung wurde die Region Hauts-de-France ganz im Norden der französischen Republik sowie das Überseegebiet La Réunion ausgedehnt. Als Risikogebiete galten zuvor bereits die Regionen Île-de-France mit der Hauptstadt Paris, Provence-Alpes-Côte d’Azur, Occitanie, Nouvelle-Aquitaine, Auvergne-Rhone-Alpes, die Mittelmeerinsel Korsika sowie weitere Überseegebiete
  • Niederlande: Reisewarnung für die Provinzen Nord- und Südholland.
  • Schweiz: Ausweitung der Reisewarnung auf den Kanton Freiburg. Zuvor galt das bereits für die Kantone Genf und Waadt.
  • Kroatien: Ausweitung der Reisewarnung auf die Gespanschaften Brod-Posavina und Virovitica-Podravina, nachdem bereits fünf weitere Regionen als Risikogebiete galten.
  • Tschechien: Eine Reisewarnung gilt nun auch für die Mittelböhmische Region rings um die Hauptstadt Prag, die bereits seit rund einer Woche als Risikogebiet gilt.
  • Ungarn: Reisewarnung für die Hauptstadt Budapest.
  • Auch für weitere Regionen in Rumänien wurden Reisewarnungen ausgesprochen, zudem die Warnungen vor Reisen in zwei Regionen aufgehoben.
(dpa)
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