Reiseziel Florida Feiner Sand und sanfte Brise

Naples ist die Perle von Florida und ein idealer Ausgangspunkt für viele Ausflüge im südlichen US-amerikanischen Bundesstaat. Florida bietet Urlaubern das ganze Jahr durch abwechslungsreiche Ziele.

 Das Dolphins Resear Center in Marathon, Florida.

Das Dolphins Resear Center in Marathon, Florida.

Foto: Ann-Kathrin Akalin

Geschickt trippelt die Truppe über die äußersten Ausläufer der Wellen. Verbunden durch ein unsichtbares Band bleibt das gut Dutzend Sanderlinge immer zusammen - wie eine verschworene und gut aufeinander eingespielte Gemeinschaft marschieren sie auf ihren dürren Beinchen über den nassen feinen Sand und picken blitzschnell aufgestrudelte winzige Krebstiere auf. Hin und wieder lassen sie ein helles "PlickPlick" erklingen. Der Weiße Ibis mit seinem gebogenen orangen Schnabel beachtet die kleinen Freunde ebenso wenig wie der Schmuckreiher, der den Horizont zu betrachten scheint. Währenddessen gleiten braune Pelikane geschickt knapp über dem Wasser, andere lassen sich waghalsig im Sturzflug in die See fallen, wo die tüchtigen Jäger sich die Fischbeute ergreifen.

Der alte Herr, der da gerade in riesigen Shorts, Badesandalen und Strümpfen aus dem Wasser steigt, scheint sich an diese Artenvielfalt an der Golfküste Floridas schon gewöhnt zu haben, und auch das verliebte Paar, das am Rande des schneeweißen Strands in Naples Hand in Hand auf den Sonnenuntergang wartet, hat anderes im Sinn. Hier in Naples, das sich so gerne italienisch gibt, scheint die Welt so rosig, so purpurn wie der Himmel bei den spektakulären Sonnenuntergängen.

Selbst an den wenigen wolkenreichen Tagen ist der Himmel über diesem Städtchen ein anderer als sonst wo. In 50 Schattierungen von Grau, Aubergine und zarten Rottönen beglückt er die Menschen beim Anblick der untergehenden Sonne. Naples - hier gibt es keinen Rasen, der höher ist, als er sollte, und er wächst niemals über den Bordstein. Dafür sorgen Kolonnen von mexikanischen Saisonarbeitern, die trotz der Sonnenglut stets lange Hosen, langärmelige Hemden und Hüte tragen. Und wer den vielspurigen Tamiami Trail, die Hauptstraße auf der Nord-Süd-Achse,fährt, der wird seine Mühe haben, einen schnöden McDonald's oder anderen Fast-Food-Anbieter zu finden. Dafür fahren hier wahrscheinlich mehr Ferraris, Porsches, Maserati und andere Luxuskarossen als in irgendeiner anderen amerikanischen Stadt.

Die meisten Golfplätze pro 1000 Einwohner

Naples ist die Stadt mit den meisten Golfplätzen pro 1000 Einwohner, und auf der Fifth Avenue gibt es wahrscheinlich mehr Nobelrestaurants als in San Tropez. Dennoch bleibt Naples bodenständig und bietet für jeden etwas. Die Stadt hält nicht nur eine große Auswahl von noblen Ferienhäusern und Hotels wie etwa das Ritz Carlton bereit, es gibt auch jede Menge bezahlbare Wohnungen (etwa im Pavillion Club) und preiswerte Motels.

Ungewöhnlich für eine amerikanische Stadt sind die vielen Lokale mit Außengastronomie und ein Stadtkern, der zum Flanieren einlädt. Auf der 5th Avenue und 3rd Street gibt es kleine Boutiquen, Cafés und Restaurants. Im urigen Hafenviertel geht es etwas lockerer zu. Tin City bietet nicht nur jede Menge Souvenirshops und gemütliche Kneipen und Lokale, hier legen auch die Bootstouren in den Golf von Mexico ab. Mit der Naples Princess, zum Beispiel, hat man die einzigartige Möglichkeit, an einer Sunset Dinner Cruise teilzunehmen.

Sehr nett ist auch der Naples Pier, wo sich früher die Einheimischen am Abend zum Sonnenuntergang und einem Sundowner trafen. Heute ist es vor allem ein beliebter Platz für ambitionierte Angler, die hier tatsächlich auch mal einen kapitalen Barrakuda aus dem Wasser ziehen. Angeln ist in den USA so etwas wie ein Breitensport. Die Lizenz kann jeder für ein paar Dollar in einem Walmart erwerben.

Ausflüge in die Everglades

Naples liegt strategisch günstig für Ausflüge, egal ob ein Trip nach Miami, Orlando, die Keys oder die Everglades. Dort locken Kajak- oder Airboat-Tours die Touristen, wobei die lärmenden Airboats sicher ein schöner Spaß sind. Wer aber Tiere beobachten oder ein paar Alligatoren entdecken möchte, der ist schlecht beraten, in die lauten Airboats zu steigen. Die Tiere sind bei dem ohrenbetäubenden Lärm schneller weg, als man blinzeln kann.

Im Everglades National Park /40001 State Road, 9336 Homestead, FL 33034, Phone: (305) 242-7700 ) bieten die Ranger unter anderem Tram-Touren an. Wer will, kann aber auch auf eigene Faust, entweder zu Fuß oder mit dem Fahrrad auf Erkundungstour losziehen.

Frank, unser Guide an diesem Tag, trägt eine wilde Frisur wie ein Metalrocker. Die Seiten sind rasiert, das längere Deckhaar fliegt ihm beim Fahrtwind ins Gesicht. Die freundlichen braunen Augen suchen ständig den Horizont und die Wegesränder ab. Rostbraune Monarchen mit ihrem schwarzen Muster auf den Flügeln oder orangefarbige Fiery Skipper lösen sich wie magische Blüten von den langen Grashalmen, während das Fahrzeug an ihnen vorbei dackelt. Libellen begleiten uns und jagen die aufgeschreckten Insekten. "Die Everglades", erklärt Frank, "sind keine Sumpflandschaft. Eigentlich ist es ein Fluss, der vom Lake Okeechobee im Norden bis an die äußerste Südspitze Floridas fließt - mit immer 15 Meilen (24 Kilometer) pro Stunde. Das ist nicht nur das Trinkwasserreservoir des Landes, wir haben hier auch die frischeste Luft."

Alligatoren am Wegesrand

Ein großer blauer Reiher segelt elegant über die Savanne und setzt am Rande einerder Bauminseln, die mit den Weiden und den buschigen Palmen reizende Tupfer in der weiten Landschaft bilden, auf. Nicht weit von ihm hat ein Schlangenhalsvogel (Anhinga) seine Flügel zur Sonne hin ausgebreitet. Die weißen Streifen auf den Flügeln schimmern wie Indianerschmuck gegen den grünen Hintergrund. Wir fahren vorbei an den Zypressen mit den weißen Stämmen, Truthahngeier ziehen ihre Kreise, Kormorane stelzen durchs nasse Grasland, eine Nordamerikanische Rohrdommel mit ihrem raffinierten braunen Tarngefieder und dem hochgereckten Schnabel ist kaum auszumachen im hohen Riedgras.

Und dann ist es endlich soweit: In der Nähe eines Ausblickturms entdecken wir die ersten Alligatoren im Wasser. Und dann kommt es Schlag auf Schlag. Die dunklen Reptilien sind im Wasser zwischen all den Pflanzen kaum auszumachen. Doch Frank, unser erfahrener Führer, weiß, wohin wir unsere Blicke lenken müssen, und hin und wieder lässt er das Fahrzeug abrupt halten und deutet auf kleine Wassermulden, in denen der Nachwuchs bewegungslos wartet, bis die ungebetenen Gäste wieder verschwunden sind.

Delfine auf den Florida Keys

Die Florida Keys sind unser nächstes Ziel. Die Gruppe kleiner Eilande wird durch eine Vielzahl von Brückenbauwerken verbunden. Die beeindruckendste Brücke liegt hinter Marathon - die Seven Mile Bridge. Auf Marathon selbst machen wir Halt im Dolphins Research Center. Hier wurden vor vielen Jahren die "Flipper"-Filme gedreht. Einige Nachfahren des beliebten Fernsehdelfins leben heute noch hier. Das Schöne an diesem Center ist, dass die Tiere im Gegensatz zu den großen Aquarien wie SeaWorld in ihrer natürlichen Umgebung leben. Die Becken sind praktisch ins Meer hineingebaut. Gut die Hälfte der 27 Tiere ist hier in der Station zur Welt gekommen, die anderen kamen zur Rehabilitation, erzählt Mary Stella, Pressesprecherin des Zentrums. So wie Jax. Das heute zehn Jahre alte Tier kam mit nicht mal einem Jahr, nachdem es von einem Hai angegriffen worden war. Die halbe Rückenflosse zeugt noch von diesem Kampf des kleinen Delfins gegen den Hai.

Neben therapeutischem Schwimmen mit Delfinen bietet die Nonprofit-Einrichtung, die jede Menge Verhaltensforschung betreibt, auch kleine Shows an. Aufgeteilt nach Alter und Geschlecht zeigen die wissbegierigen, klugen Säugetiere den Besuchern, was sie so drauf haben: von artistischen Sprüngen, Ballspielen und Tänzen bis hin zum freundschaftlichen Abklatschen mit Besuchern.

Key West - das Gegenmodell zu Naples

Eine Stunde Autofahrt weiter im äußersten Südwesten der Keys befindet sich die südlichste Stadt der Vereinigten Staaten. Key West ist sowas wie das Gegenmodell von Naples. Das krasse Gegenteil. Dort bürgerliche Ordnung, Wohlstand und gepflegter Konservatismus. Naples ist eine Trump-Hochburg. In Key West findet man Trump-Aufkleber und Schilder nicht mal mit dem Spürhund. Das ist Hillary-Land, und viele haben an ihren schmucken kleinen Holzhäusern immer noch den Namen ihres Präsidentschaftsfavoriten kleben: Bernie Sanders.

Jack steht mitten auf der Duval Street und lacht. Der Mann im besten Alterträgt ein schwarzes Tutu, der Oberkörper ist frei, an den Füßen schwarze Springerstiefel, die Haare im Irokesenschnitt. In Key West ist alles möglich und fast alles erlaubt. Vielleicht ist der Strand am Southernmost Beach Café der einzige in den Vereinigten Staaten, wo die Frauen so offen ihre Silikonbrüste präsentieren dürfen. Wer die Show der Selbstdarsteller genießen will, der ist hier genau richtig. Rockabilly klingt aus der Musicbox, der Wind streift angenehm durch die hohen Palmen. Hippies sitzen auf dem Pier und flechten Hüte aus Palmblättern. Bärtige Männer mit langen grauen Haaren unterm Piratentuch sitzen neben gutsituierten Rolexträgern, die ihre jungen Eroberungen in knappen Bikinis stolz präsentieren. Nicht nur die japanische Touristengruppe freut sich über solche Bildmotive.

Wer seinen Latte in Ruhe genießen will, sucht sich eines der Cafés auf der Hauptstraße. So wie das Croissant de France. Das Logo zeigt ein freundliches grünes Reptil, das in seine französische Backware beißt. Im beige-weißen Haus mit den türkisfarbenen Fensterrahmen gegenüber lassen sich die ersten Damen im Nagelstudio die Finger herrichten, während die Männer auf den ebenfalls türkisfarbenen Schaukelstühlen auf der Veranda eiskalte Magaritas trinken. Key West wurde einst wegen des berühmten Schriftstellers Ernest Hemingway bekannt. Es ist ein Ort des Laissez-faire.

Spaß mit Harry Potter in Orlando

Um Spaß und viele harte Dollars geht es in Orlando, drei Autostunden nordöstlich von Naples. Hier gibt es die größten Malls und Outlets und wahrscheinlich die meisten Vergnügungsparks pro 1000 Einwohner. Die großen wie Disney und Universal lassen die Menschen in perfekt inszenierte Fantasiewelten eintauchen. Mickey, Goofy, Harry Potter und der grüne Hulk haben so viel zu bieten, dass ein einzelner Tag, ja wahrscheinlich nicht einmal eine Woche ausreichen würde, um die ungewöhnlichsten Attraktionen kennenzulernen.

Und doch: Bei all der Vielfalt dieses Sonnenstaates bleibt Naples eine einzigartige Perle dieser Halbinsel. Man wird kaum attraktivere Strände finden, nicht einmal auf der ebenso schönen sehr naturbelassenen Sanibel Island, wohin ein Ausflug schon aufgrund der spektakulären Muscheln lohnt, die man dort auf ausgedehnten Strandspaziergängen finden kann. Im Lowdermilk Park in Naples trifft man Gleichgesinnte zum Beachvolleyball oder genießt den Sonnenuntergang am Strand oder von den Picknicktischen aus.

Im Zoo oder dem Vogelpark kann man die ungewöhnliche Tierwelt kennenlernen. Geschäfte und Restaurants laden in reizvoller Umgebung ein - etwa in The Village on Venetian Bay oder die Waterside Shops, wenn es exklusiv sein soll,außerdem der Big Cypress Market Place und die Tin City Waterfront Shops. Für Kunstlieber ist das Von Liebig Art Center interessant. Klassische Musik gibt es im Philharmonic Center for the Arts. Das schönste indes bleibt doch die Natur: Üppige Vegetation, die vielfältige Tierwelt, die Füße im feinen Sand und eine sanfte Brise – und wenn man Glück hat, schwimmt in der Ferne eine Gruppe Delfine vorbei.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Saudi-Arabien im Aufbruch
Wandel an allen Ecken und Enden Saudi-Arabien im Aufbruch
Zum Thema
Aus dem Ressort