Mobilfunkausbau Bahn und Telekom: Verbesserter Handyempfang auf allen wichtigen ICE-Strecken

Bonn/Berlin · Wer im Zug sitzt, verbringt die Zeit oft am Smartphone oder Tablet. Ärgerlich nur, wenn das Handynetz schwächelt. Doch das dürfte künftig seltener der Fall sein. Die Netzbetreiber melden Fortschritte.

Das Handynetz an Deutschlands Bahnstrecken ist nach Auskunft der Netzbetreiber besser geworden.

Das Handynetz an Deutschlands Bahnstrecken ist nach Auskunft der Netzbetreiber besser geworden.

Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Heutzutage steht Bahnreisenden in Deutschland oft ein deutlich verbessertes Mobilfunknetz als früher zur Verfügung. Wie die Telekom und die Bahn mitteilten, werde auf 97 Prozent der Hauptverkehrsstrecken der Funkstandard LTE (4 G) mit einer Übertragung von 200 Megabit pro Sekunde bereitgestellt.

Eine staatliche Verpflichtung, ab Anfang 2023 eine Geschwindigkeit von 100 Megabit pro Sekunde entlang der ICE-Strecken und anderen stark frequentierten Verbindungen zu gewährleisten, wurde bereits jetzt deutlich übertroffen. Allerdings kann die Verbindung in Tunneln, Naturschutzgebieten und anderen Regionen aufgrund fehlender Ausbaumöglichkeiten nach wie vor sehr schlecht sein.

Kooperation zwischen Telekom und Bahn

Vor zwei Jahren habe man im Rahmen einer Zusammenarbeit mit der Bahn, die u. a. Flächen zur Verfügung stellt, gut 300 Mobilfunkmasten neu errichtet und 700 bestehende Standorte modernisiert oder ausgebaut. Bahn-Vorständin Daniela Gerd tom Markotten bezeichnet die Geschwindigkeit beim Handynetzausbau als "Rückenwind für die Verkehrswende". Aus der Sicht von Srini Gopalan, dem Chef der Telekom in Deutschland, zahle sich die Kooperation mit der Deutschen Bahn aus. Es gehe schneller voran als ursprünglich erwartet. "Wir sind voll im Umsetzungsmodus." Auch die Konkurrenten Telefónica (O2) und Vodafone machen nach eigenen Aussagen Fortschritte.

Beim Ausbau des Streckennetzes gibt es bei der Bahn und der Telekom drei unterschiedliche Kategorien: Die Hauptverkehrsstrecken, auf denen alle ICE- und wichtige IC-Verbindungen verkehren, sind demnach nun zu 97 Prozent mit 200 Mbit pro Sekunde ausgestattet. Diese Strecken stellen etwa 7800 Kilometer des gesamten Streckennetzes in Deutschland dar.

Bei der zweiten Kategorie handelt es sich um sogenannte fahrgaststarke Strecken (13.800 Kilometer) für die verbleibenden IC- und für wichtige Regionalzugverbindungen. Dort ist mittlerweile auf gut 90 Prozent ein LTE-Empfang mit 200 Mbit möglich. Die restlichen Strecken umfassen noch knapp 12.000 Kilometer; davon sind laut Bahn mittlerweile etwa 95 Prozent mit einer Datenrate von 100 Mbit ausgerüstet. In Zukunft soll die Abdeckung keine Lücken mehr haben.

Neuer ICE 3 Neo mit frequenzdurchlässigen Scheiben

Allerdings ist die Qualität des Mobilfunkempfangs für Passagiere nicht ausschließlich von den Sendemasten entlang der Strecke abhängig. Auch die Fenster der Züge beeinflussen die Qualität des Empfangs. Bei Fernzügen sind diese normalerweise mit einer besonderen Schicht isoliert, um eine Überhitzung der Waggons zu vermeiden. Allerdings erschwert sie zugleich das Eindringen der Mobilfunksignale ins Fahrzeug. Aus diesem Grund verwendet die Bahn bei neueren ICE-Generationen wie dem ICE 3 Neo Fensterscheiben, die Frequenzen durchlassen können. Dadurch wird der Empfang für die Passagiere voraussichtlich erheblich verbessert.

Die Abdeckungszahlen beziehen sich allerdings nur auf das Telekom-Netz - wer also einen Vertrag für das O2- oder Vodafone-Netz hat, für den sind die Zahlen nicht relevant, weil sich sein Handy nicht mit dem Telekom-Netz verbindet. Telefónica (O2) und Vodafone betonen aber ebenfalls, dass ihr Ausbau an Bahnstrecken gut vorankomme - auch ihre Kunden dürften im Zug also deutlich seltener im Funkloch landen als früher.

Vodafone schloss 2022 eine ähnliche Kooperation mit der Bahn ab wie der Bonner Konkurrent, mit Telefónica gibt es so etwas noch nicht. Wie Vodafone mitteilt, habe man seit Anfang des Jahres bundesweit über 100 neue Mobilfunkmasten in der Nähe von Schienen errichtet "und damit viele nervige Funklöcher für Bahnreisende geschlossen". In wichtigen Tunneln auf ICE-Strecken sei die Übertragungskapazität um ein Drittel erhöht worden.

Vodafone und O2 arbeiten an Handynetz-Ausbau

"Von unseren Ausbaumaßnahmen entlang der Bahnstrecken profitieren Bahnreisende und Pendler schon heute", betont die Vodafone-Managerin Tanja Richter. Sie räumt jedoch auch ein, dass noch einiges zu tun sei, um eine stabile und schnelle Mobilfunkversorgung auf allen Bahnstrecken zu gewährleisten. Laut einem O2-Sprecher arbeite man "konstruktiv mit der Deutschen Bahn zusammen".

Verbraucherschützer bewerten den forcierten Handynetz-Ausbau an Bahnstrecken positiv. So argumentiert Felix Flosbach von der Verbraucherzentrale NRW, dass eine störungsfreie Mobilfunk-Verbindung dazu beitrage, dass die Bahn für Pendler und Reisende attraktiver werde, da sie ihre Zeit effektiver nutzen können.

Ein optimales Netz an Bahngleisen sei letztendlich wichtiger als an Straßen, wo Autofahrer oft allein im Fahrzeug sitzen und somit nur begrenzt von guten Funkverbindungen profitieren können, da sie nicht im Internet surfen dürfen. Die Verbraucherzentrale NRW erhält nur wenige Beschwerden über unzureichende Netzabdeckung entlang der Bahnstrecken.

(dpa/ella)

© dpa-infocom, dpa:230601-99-904900/3

(dpa)
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