Problem mit Wildcampern Schweiz erlebt großen Urlauber-Andrang

Genf · Erst Einbruch, dann Boom: Nachdem Hotels lange coronabedingt geschlossen waren, haben jetzt viele Schweizer Gasthäuser für den Sommer mehr Buchungen als 2019. Campingplätze sind ausgebucht. Jetzt tun Gemeinden etwas gegen Wildcamper und ihre Hinterlassenschaften.

 Die Campingplätze in der Schweiz sind bis August weithin ausgebucht. Viele Urlauber mit Wohnmobilen halten deshalb in freier Natur oder auf Parkplätzen zum Übernachten an. Foto: Urs Flueeler/KEYSTONE/dpa

Die Campingplätze in der Schweiz sind bis August weithin ausgebucht. Viele Urlauber mit Wohnmobilen halten deshalb in freier Natur oder auf Parkplätzen zum Übernachten an. Foto: Urs Flueeler/KEYSTONE/dpa

Foto: Urs Flueeler

Die großen Schweizer Berggebiete werden nach den
jüngsten Lockerungen in der Corona-Krise in Europa diesen Sommer von
Urlaubern geradezu überrannt. Viele haben für die Sommermonate höhere
Buchungen als im vergangenen Jahr, wie eine Umfrage der Deutschen
Presse-Agentur zeigt. Zudem wurden Wildcamper mancherorts zum
Problem, wie Gemeindevertreter im Rundfunk berichteten.

„Wir haben für den gesamten Sommer ein Nachfrageplus von 27 Prozent“,
sagte Luzi Bürkli von der Organisation Graubünden Ferien der dpa.
Beim Gasthaus Krone in La Punt im Engadin glühe seit Mitte Juni das
Telefon, sagte Sonja Martin, die das Drei-Sterne-Haus mit ihrem Mann
Andreas führt, im Schweizer Rundfunk. „Wir hatten noch nie zu dieser
Zeit so gut gebuchte Hotelzimmer wie in diesem Augenblick.“

Bessere Belegung als im gleichen Monat des Vorjahres

Auch die Region Adelboden, Lenk, Kandersteg im Berner Oberland hat
für Juli und August ein Plus an Buchungen im Vergleich zum Vorjahr.
„Wir sind mit dem aktuellen Buchungsstand zufrieden“, sagte Silvia
Nüesch, Sprecherin von Adelboden-Lenk-Kandersteg Tourismus. Im Kanton
Wallis ist die Lage ebenfalls vielversprechend, etwa in den Regionen
Saas-Fee und Aletsch. „Im Monat Juni war die Belegung besser als im
gleichen Monat in den vergangenen Jahren“, sagte Mathias Fleischmann
von der Vermarktungsorganisation Wallis Promotion.

Es kämen zum einen mehr Schweizer Gäste, die ihre Ferien in diesem
Jahr nicht im Ausland verbringen, aber auch Besucher aus Deutschland
und den Benelux-Ländern, sagen die Tourismusverantwortlichen.

Auch Campingplätze sind bis August weithin ausgebucht. Viele Leute
mit Wohnmobilen haben deshalb kurzerhand in freier Natur oder auf
Parkplätzen zum Übernachten angehalten. Das kann teuer werden, es
können Bußen von teils tausenden Schweizer Franken verhängt werden.

Camper hinterlassen Abfallberge auf Parkplätzen

„Es hat praktisch auf jedem Parkplatz Camper gegeben“, sagte die
Bürgermeisterin der Gemeinde Flüeli, im Kanton Luzern, Sabine
Wermelinger, im Radion SRF. Manche verhielten sich vorbildlich, aber
andere hinterließen Abfallberge. Einheimische hätten sich im Kanton
Uri von Campern überrumpelt gefühlt, sagte der Geschäftsführer des
Tourismusverbands, Maurus Stöckli. Neben dem Abfall habe es „die ganz
schlimmen Fälle“ gegeben: „Dass man seine Hinterlassenschaften in den
Bergbach hinein leitet statt sie mitzunehmen.“

Viele Gemeinden stellen jetzt kurzfristig neue Parkmöglichkeiten für
Wohnmobile zur Verfügung. Uri hat schon 65 temporäre Stellplätze
ausgewiesen, eines zum Beispiel neben einem Langlaufzentrum, wo
Duschen und Toiletten zur Verfügung stehen. Die Übernachtung kostet
dann 20 Franken (18,70 Euro). Uri gilt eigentlich als Transitkanton,
die meisten Gäste rauschen durch Richtung Tessin und Italien. Stöckli
sieht nun eine Chance, Uri als Standort für Camper bekannt zu machen,
Gäste länger zu halten und damit auch mehr zu verdienen.

Weniger gut läuft es für Städte, die teils viele asiatische Gruppen
als Gäste empfangen, oder von jetzt abgesagten Veranstaltungen leben.
Der Besitzer des Fünf-Sterne-Hotels Schweizerhof in Luzern, Patrick
Hauser, hat normalerweise 80 Prozent ausländische Gäste. Das für ihn
wichtige Festival klassischer Musik findet nicht statt. Hauser will
Besucher mit intimen Hauskonzerten anziehen. Auch Interlaken zieht im
Sommer neben Schweizern üblicherweise viele asiatische Reisegruppen
an. Man werde bei den Logiernächten kaum an Rekordjahre wie 2018 oder
2019 anknüpfen, hieß es bei Interlaken Tourismus. Die Buchungen aus
Deutschland seien aber gestiegen.

© dpa-infocom, dpa:200715-99-800112/2

(dpa)
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