Tagesziele in Deutschland Zum Jahreswechsel Andrang in den Alpen und im Harz erwartet

Miesbach · Viele Tagestouristen sind bereits zwischen den Jahren in die Alpenregionen geströmt. Die Polizei rüstet sich zum Jahreswechsel für weiteren Ausflugsverkehr. Auch im Harz wird mit vielen Besuchern gerechnet.

 Bereits an den Feiertagen strömten viele Tagesausflügler in die Alpenregionen und sorgten für blockierte Zufahrtsstraßen. Zum Jahreswechsel befürchten die Regionen Ähnliches. Foto: Peter Kneffel/dpa

Bereits an den Feiertagen strömten viele Tagesausflügler in die Alpenregionen und sorgten für blockierte Zufahrtsstraßen. Zum Jahreswechsel befürchten die Regionen Ähnliches. Foto: Peter Kneffel/dpa

Foto: Peter Kneffel

Nach dem steigenden Andrang von Tagesausflüglern zwischen den Jahren will die bayerische Polizei in den Alpenregionen zum Jahreswechsel verstärkt kontrollieren. Die Polizeipräsidien Oberbayern Süd und Schwaben Süd/West kündigten an, in Ausflugsregionen mehr Präsenz zu zeigen.

Zudem wurden Ausflügler aufgefordert, Fahrten in viel besuchte Gebiete zu überdenken. Besonders betroffen ist nach Angaben der Polizei die Gegend um Spitzing- und Schliersee in Oberbayern. Dort seien öffentliche Parkplätze in den letzten Tagen oft schon am frühen Vormittag belegt gewesen, auf den Zufahrtsstraßen würden sich kilometerlange Staus bilden. Zudem hätten Besucher in verbotenen Bereichen geparkt.

Besucherandrang in Landkreisen an der Alpenkette

„Das ist aber nicht so außergewöhnlich“, sagte ein Polizeisprecher. „Es gab erheblichen Ausflugsverkehr - wie an allen anderen Wochenenden auch.“ Dennoch forderte die Polizei dazu auf, jede Fahrt in das Gebiet zu überdenken: „Wägen Sie vor Fahrtantritt bitte gründlich ab, ob Sie für Ihren Ausflug unbedingt Ihren Wohnort verlassen müssen!“

Auch der Miesbacher Landrat Olaf von Löwis (CSU) forderte Ausflügler auf, zu Hause zu bleiben: „Seien Sie verantwortungsvoll den Landkreisen an der Alpenkette und deren Bewohnern gegenüber!“ Zuvor hatte er wegen des Andrangs von Tagesausflüglern per SMS einen Hilferuf an Ministerpräsident und Parteikollege Markus Söder geschickt: „Es brennt wirklich.“

Im Allgäu, wo der Andrang über die Weihnachtsfeiertage recht verhalten war, wurden am Dienstag (29. Dezember) ebenfalls Probleme mit falschparkenden Ausflüglern gemeldet. Im Stillachtal bei Oberstdorf registrierte die Polizei nach eigenen Angaben am Vormittag 50 solcher Verstöße. Gleichzeitig meldete die benachbarte Gemeinde Balderschwang, dass alle öffentlichen Parkplätze belegt seien.

Sonnenschein an den Alpen und geschlossene Lifte

„Wenn gutes Wetter ist, rechnen wir zum Jahreswechsel wieder mit einem entsprechenden Andrang“, sagte ein Polizeisprecher. „Die Situation hat sich durch die geschlossenen Parkplätze bei den Skiliften noch verschärft.“

Dass sich die Lage zum Jahreswechsel hin wieder entspannt, ist unwahrscheinlich: Die Bergbahnen Oberstdorf Kleinwalsertal hatten nach Weihnachten angekündigt, ihre Parkplätze weiterhin sperren zu wollen, solange die Skigebiete nicht geöffnet sind. Auch die Gemeinde Oberstdorf teilte mit, vorerst keine weiteren Maßnahmen zur Steuerung des Ausflugsverkehrs zu planen.

Gleichzeitig machte die Wettervorhersage des Deutschen Wetterdienstes Hoffnung auf ideale Bedingungen für Ausflüge zum Jahreswechsel: Sonnenschein an den Alpen.

Polizei rät von Harzausflügen ab

Auch von Ausflügen in den winterlichen Harz ab rät die Polizei weiter ab. Parkplätze liefen „ruck zuck zu“, sagte ein Sprecher der Polizei Goslar am Dienstag (29. Dezember). Es sei so voll, dass die Menschen draußen die notwendigen Abstände nicht einhalten könnten. „Es ist nicht verboten, in den Harz zu fahren, es gibt kein Reiseverbot - das ist die Problematik“, sagte der Sprecher. Bereits in den vergangenen Tagen stauten sich die Autos in Ausflugsorten kilometerlang. Auf der Bundesstraße 4 von Bad Harzburg Richtung Torfhaus ging es weder vor noch zurück.

Am Montag hätten fünf Zentimeter Schnee gelegen, hieß es. Zwischenzeitlich habe es geregnet, von der weißen Decke seien nur noch Reste übrig. „Schneevergnügen ist das nicht.“

„Wenn bei fünf Zentimetern Schnee einen halben Tag gerodelt wurde, blickt da jetzt die Wiese durch“, sagte Christin Wohlgemuth, Sprecherin des Harzer Tourismusverbandes. Trotzdem fühle sie sich an normale Wintersporttage erinnert. Weiter oben im Harz, sei „die Hölle los“. Die Kennzeichen der Autos reichten von Berlin über Potsdam bis Bremen.

Keine Sperrungen geplant

Der Landrat im Kreis Goslar, Thomas Brych (SPD), lehnte indes Sperrungen von Straßen oder Flächen ab. „Wir setzen ganz deutlich auf die Eigenverantwortung der Menschen, die Erholung suchen. Ich sage aber auch ganz deutlich, dass jeder sehr kritisch hinterfragen sollte, ob er sich auf den Weg in den Harz macht.“ Besucher sollten alternative Routen sowie kleine, abgelegene Parkplätze nutzen und sich über Rundfunk und soziale Medien über die aktuelle Situation erkundigen. In Niedersachsen gebe es keine Beschränkung für Tagestouristen und der Reiz eines Ausflugs in den Harz sei nachvollziehbar, sagte Brych.

„Wir sehen das zwiegespalten“, sagte Wohlgemuth vom Harzer Tourismusverband über den Besucherandrang. „Einerseits freuen wir uns über den Zuspruch und darüber, dass wir den Menschen Abwechslung bieten können.“ Andererseits sei man auch daran interessiert, dass die Pandemie so schnell wie möglich unter Kontrolle sei und die Tourismusbranche wieder öffnen könne.

Etwas entspannter als in Torfhaus, Braunlage, Schierke oder am Wurmberg sei die Lage rund um Bad Harzburg und Goslar. Dort liege zwar kein Schnee, aber schöne Wanderungen seien allemal möglich. Allerdings sollten Wanderer aufpassen. Stürme hätten die Gefahr von Baum- und Astbruch erhöht. „Das kann lebensgefährlich sein“, sagte Wohlgemuth. Einige Wanderwege seien bereits gesperrt.

Virologe: Wandern mit Abstand nicht gefährlich

Bewegung an der frischen Luft birgt nach Einschätzung des Münchner Virologen Oliver Keppler bei Einhaltung der Abstandsregeln sehr geringe Corona-Ansteckungsgefahren. „Es gibt Studien, denen zufolge die Ansteckungswahrscheinlichkeit in geschlossenen Räumen neunzehnmal höher sein könnte“, sagte der Chef der Virologie am Max-Pettenkofer-Institut der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität am Mittwoch. „Wenn man draußen Abstand hält und eine Mund-Nasen-Bedeckung trägt, ist das Risiko praktisch null.“

„Die Leute sollen ja auch ein bisschen raus und an die frische Luft gehen“, sagte Keppler zu der Debatte. „In Skigebieten könnte es am Lift und in Gondeln problematische Engstellen geben, sogar wenn man eine FFP2-Maske trägt. Aber Wandern, Schlittenfahren und Tourengehen halte ich für ein wirklich geringes Risiko, wenn man zu anderen Familien Abstand hält.“

„Ein Problem könnten vielleicht Verkaufsstände sein, vor denen die Menschen Schlange stehen“, sagte Keppler. Ein weiteres mögliches Risiko: „Problematisch könnte auch sein, wenn sich Familien mit anderen Familien zum Spazierengehen verabreden und einander dabei nahe kommen oder gar in einem Auto fahren“, sagte der Wissenschaftler. „Letzteres ist ein bekanntes Ansteckungsrisiko. Aber solange sich die Menschen an der frischen Luft und in ihrer jeweiligen familiären Blase bewegen, sehe ich da keine Gefahr.“

© dpa-infocom, dpa:201230-99-849954/7

(dpa)
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