GA-Wandertag führt durch den Kottenforst Biotopgehölze bieten Tieren neue Heimat

Swisttal-Buschhoven · Der Bonner Biologe Klaus Striepen will den Wald für Spaziergänger erlebbar machen. Er nennt den Kottenforst "ein Juwel". Am Sonntag geht es durch den Villewald.

Tümpel-Biotope sind die Heimat vieler Froscharten.

Tümpel-Biotope sind die Heimat vieler Froscharten.

Foto: Matthias Kehrein

Auf 1200 Hektar zwischen Buschhoven und Heimerzheim wurden in den vergangenen vier Jahren Offenlandflächen zu Waldwiesen, Biotophölzer gekennzeichnet, Bäume gepflanzt und gefällt, Gewässer angelegt und in einzelnen Gebieten eine Bewirtschaftung der Mittelwälder wie in früheren Zeiten aufgenommen. Seit 2014 läuft das Projekt "Life - Villewälder: Wald- und Wasserwelten" des Regionalforstamtes Rhein-Sieg-Erft und der Biologischen Station Bonn/Rhein-Erft. Das Projekt soll wegen der Sturmschäden durch Orkan Friederike Anfang 2018 um eineinhalb Jahre bis 2020 verlängert werden.

Wenn Spaziergänger - und die Teilnehmer des GA-Wandertages am Sonntag, 9. September - durch den Kottenforst bei Buschhoven gehen, werden ihnen an dem einen oder anderen Baumstamm weiße Striche auffallen. Die Markierungen sollen das Fällen der Bäume verhindern. Denn es handelt sich dabei um Tothölzer und Biotopbäume - Bäume, die eine besondere Beschaffenheit aufweisen und Lebensräume für viele Tiere bieten -, die auf jeden Fall stehenbleiben sollen.

Zehn solcher Bäume pro Hektar sollen Vögeln, Insekten und Kriechtieren künftig ein Zuhause bieten. Wie etwa eine 120 Jahre alte Eiche, in der im oberen Bereich eine große Höhle sichtbar ist - das neue Zuhause einer Spechtfamilie. "Wenn die Spechte ausziehen, ziehen dort die Fledermäuse ein. Ein Baum, der Höhlen aufweist, kann bis zu 100 Jahre weiter wachsen", berichtet der 53-jährige Biologe Striepen. Und er erklärt den Unterschied zwischen wirtschaftlicher und ökologischer Nutzung. Denn ökonomisch brächten Eichen bis zum Alter von 200 Jahren noch Geld, der ökologische Wert reiche jedoch bis zu einem Alter von 500 Jahren.

Die Trockenheit hat den Bäumen zugesetzt

Auf dem Waldboden im Kottenforst finden sich derzeit zahlreiche Eicheln, denn die Bäume haben jetzt schon ihre Früchte abgeworfen - ein Indiz für die langanhaltende Trockenheit in diesem Jahr. Die mehrmonatige Trockenperiode macht auch den neu gepflanzten Stieleichen und Hainbuchen zu schaffen, deren Wurzeln noch nicht tief genug in die Erde reichen, um genügend Wasser zu ziehen. "Wenn es auch im nächsten Jahr zu wenig regnet und die Bäume zusätzlich von Schädlingen befallen werden, dann sterben sie irgendwann", befürchtet Striepen.

Kurz vor dem "Eisernen Mann" sieht man auf der linken Seite zahlreiche junge Bäume. Dort wurden in den vergangenen Jahren 400 Stieleichen gepflanzt. Einige Meter weiter wird es licht: Auf der vier Hektar großen Fläche fielen Hainbuchen und Linden der Motorsäge zum Opfer. Durch den Kahlschlag gelangt mehr Licht und Wärme auf den Waldboden - eine Voraussetzung für mehr Artenvielfalt. Das Gebiet ist, als typisches Merkmal eines Mittelwaldes, eine Mischung aus Hoch- und Niederwald.

Früher wurden im Abstand von einigen Jahren aus einer Parzelle bis zu drei 120-jährige Eichen entnommen, um sie als Bauholz oder als Brennmaterial zu verwenden. Dann wurden die Nachbarparzellen "abgeerntet". Die Gebiete, aus denen Bäume entnommen wurden, blieben dann einige Jahrzehnte unbehelligt, so dass sich der Baumbestand erholen konnte.

In den Villewäldern auf den Spuren der Geschichte

Diese Art von Bewirtschaftung wurde bis ins 19. Jahrhundert gehandhabt und soll auf der Fläche am "Eisernen Mann" den Spaziergängern nahe gebracht werden. Daher wird die Fläche mittel- beziehungsweise langfristig in zwei Bereiche unterteilt. Die Bäume werden aus beiden Arealen im Wechsel herausgenommen, so dass mal die eine, mal die andere Seite lichtdurchflutet ist. "Offene Flächen lieben die Menschen mehr als geschlossene. Was wir hier zeigen, ist Kulturgeschichte, denn wir verdeutlichen Landschaftspflege vor 200 Jahren", erklärte Biologe Striepen. Er und sein Team wollen den Wanderern im Kottenforst deutlich machen, dass naturgemäße Waldbewirtschaftung mit biologischer Artenvielfalt möglich ist.

"Wir haben hier ein Juwel vor der Haustür. Denn die Villewälder bilden die Geschichte der Region ab. Von den römischen Siedlungen über den Wald als Jagdrevier des Kurfürsten bis zur Waldbewirtschaftung und zum Erholungsgebiet: Das macht den Wald für mich auch superinteressant", sagt Striepen. Die bereits durch das Projekt durchgeführten Aufforstungen, die Pflege der Naturgewässer für Frösche und Co. sowie die Erhaltung der Totholzbestände wird der NRW-Landesbetrieb Wald und Holz auch nach dem Ablauf des Projektes weiterführen.

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