GA-Wandertag Goldgräberstimmung erfüllte die Glasstadt
Rheinbach · Die Bergbaugeschichte Rheinbachs ist vielschichtiger als viele denken – nicht nur im Stadtwald, sondern auch in den Höhenorten. Ihre schillernde Geschichte ist noch an vielen Stellen sichtbar.
Die gesuchte Entspannung im Grünen schlägt in pure Verblüffung um, wenn beim Waldspaziergang auf einmal unerwartet eine mit Eisenerzsteinen befüllte Lore auf Schienen auftaucht. Wer ob des originalgetreuen Stollenwagens meint, sich im Rheinbacher Stadtwald verlaufen zu haben, ist gehörig auf dem Holzweg. Am Inselweiher, unweit des Rheinbacher Forsthauses gelegen, sind die Hinterlassenschaften einer längst untergegangenen Industrie zu sehen – so auch für die Teilnehmer des GA-Wandertages am Sonntag, 4. September. Die Bergbaugeschichte Rheinbachs ist vielschichtiger als viele denken – nicht nur im Stadtwald, sondern auch in den Höhenorten.
Belegt ist, dass schon in der Frühen Neuzeit die Heisterbacher Mönche in der Sürst Kupfer und Blei abbauten. In Neukirchen, wo die Gottesmänner von der rechten Rheinseite im 15. Jahrhundert die Kirche bauten, betrieben sie eine Kupfer- und Bleimine sowie eine Schmelzhütte. „Die hatten es als Zisterzienser mit dem Bergbau“, weiß Dietmar Pertz, Leiter des Rheinbacher Stadtarchivs, im Gespräch mit dem GA zu berichten.
Mitte des 19. Jahrhunderts intensivierten Unternehmer die Suche nach diesen Erzen und legten zwischen Loch und Hardt, in Kurtenberg, bei Berscheid und zu den „Vier Winden“ Schächte und Stollen an. „Der Bergbau in der Sürst sicherte zu seinen besten Zeiten über 60 Familien den Lebensunterhalt“, erläutert Pertz. Allerdings war der Abbau wegen der vergleichsweise geringen Erzvorkommen und der schwierigen wassertechnischen Verhältnisse nur wenig rentabel. Gegen Ende des Ersten Weltkriegs war vorerst Schicht im Schacht.
Und warum die Lore im Wald? Am Forsthaus stand früher eine Eisenschmelze. Für den Betrieb des dazugehörigen, zehn Meter großen Wasserrads legten die Grubenbetreiber damals den Inselweiher als Stauteich an. „Heute erkennt man noch die historische Transportrampe zwischen Weiher und Forstscheune“, weiß Pertz. Über einem Tor der Forstscheune befindet sich heute noch die Balkeninschrift „Glück und Segen zur Rheinbacher Eisenhütte Anno 1857“.
Sichtbar sind im Stadtwald ferner noch die Abbaugruben, die sogenannten Pingen. Als weiteren Ort sichtbarer Bergbauhistorie nennt der Stadtarchivar das Restaurant „Zu den vier Winden“. In dessen Nähe standen einst das Maschinenhaus und das Verwaltungsgebäude der Grube Hedwigsglück.
Tiefer bohrten sich die Bergleute bei Loch – so der Namen des Rheinbacher Ortsteils – ins Erdreich, um dem Boden seine Schätze zu entreißen: Dort wurden Schächte bis in 60 Meter Tiefe und Stollen über 200 Meter Länge angelegt. „Bis in die jüngste Zeit sind dort Bergschäden vorgekommen, bei denen durch einbrechende Stollen Häuser abgesackt sind“, sagt Pertz. Der Höhepunkt des Kupfer- und Bleierzabbaus ist um das Jahr 1907 zu datieren. Bis zu 83 Männer arbeiteten im Bergbau, eine große Zahl für die damaligen Gemeinden Neukirchen und Queckenberg, die heute zu Rheinbach gehören.
Der Enthusiasmus, der einer Goldgräberstimmung glich, war so groß, dass es in Neukirchen Überlegungen gab, eine größere Pfarrkirche zu bauen. „Man glaubte an einen Boom, letztlich hat sich das aber nicht bewahrheitet“, so Pertz. Die Folge: Auch die hochfliegenden Pläne vom größeren Gotteshaus konnten bis heute nicht in die Tat umgesetzt werden. „Der Bergbau war eher ein exotischer Versuch, der durch hohe Erwartungen heraufbeschworen wurde“, so Perz. Bessere Abbaugebiete fanden die Unternehmer dann in der Eifel.