Wohnraumknappheit und steigende Preise Experten fordern Masterplan Wohnen

Politische Regulierung führe nicht zum Ziel, die Wohnkosten zu dämpfen, sagen Branchenexperten. Sie sehen mehr Chancen, wenn Wirtschaft und Politik gemeinsame Lösungen finden.

Ein Masterplan Wohnen sollte auch die Gewerbeflächenentwicklung einschließen. Auch diese Flächen sind gefragt. Hier ein Blick auf die Baustelle am neuen Kanzlerplatz in Bonn.  FOTO: SASCHA STIENEN

Ein Masterplan Wohnen sollte auch die Gewerbeflächenentwicklung einschließen. Auch diese Flächen sind gefragt. Hier ein Blick auf die Baustelle am neuen Kanzlerplatz in Bonn. FOTO: SASCHA STIENEN

Foto: Alois Müller

Wohnraumknappheit und steigende Preise - der Immobilienmarkt hat es mit diesen Themen bis in die hohe Politik geschafft. Immer wieder sind Forderungen nach einer stärkeren Regulierung zu hören: Die Mietpreisentwicklung sollte gedämpft, mehr Wohnraum geschaffen werden. Zur Not solle man Wohnungen auch enteignen. Die Experten, die beim 1. GA-Immobilienforum über den Markt diskutieren, sehen solche Vorschläge skeptisch.

"Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Regulierung verstärkt wird", sagt Helmut Hergarten (Haus & Grund). "Denn der politische Wille hat zum Ziel, dass gebaut wird, um den Bedarf zu decken." Es werde auch kein Wohnraum mehr geschaffen, wenn man die Mieten deckele, merkt Jan-Peter Sattler-Riegel (Immobilienkontor Peter Sattler) an.

"Viele Vermieter gehen nicht an die Obergrenzen, sondern achten eher darauf, dass der Mieter passt", sagt Roland Kampmeyer (Kampmeyer Immobilien). In einem "Klima der Verunsicherung" sieht er die Gefahr, dass Vermieter im Vorfeld einer befürchteten Mietpreisdeckelung die Mieten anheben. "Die Mehrheit der Vermieter sind Privatpersonen, nicht die Konzerne", fügt der Experte hinzu.

Die hohen Mieten seien auch durch hohe Ausgaben etwa aufgrund von Bauvorschriften verursacht, sagt Sattler-Riegel. Wenn Investoren noch eine kleine Rendite, zum Beispiel drei Prozent, erwirtschaften wollen, sei eben eine höhere Miete erforderlich.

In der Immobilienwirtschaft der Region herrscht offenbar Unzufriedenheit mit der Unterstützung aus der Politik. Ewald Hohr (Ewald Hohr Projektentwicklungen) zum Beispiel berichtet von einem Bauvorhaben, das mit technischen Lösungen eine lärmtechnisch schwierige Fläche wohntauglich bebauen sollte. 300 bis 500 Wohnungen seien möglich gewesen, "doch das Interesse daran war nicht groß", schildert Hohr seine Eindrücke aus den Kontakten mit der Stadt. Sattler-Riegel berichtet von einer Projektplanung für ein Gebiet, auf dem sich auch Schrebergärten befinden. "Nach zweieinhalb Jahren hat sich die Stadt entschieden: ?Wir wollen doch lieber die Schrebergärten haben?", erzählt der Experte kopfschüttelnd.

Nina Reiter (Bernd Reiter Gruppe) berichtet hingegen von positiven Erfahrungen mit der Stadt Wesseling: In gut einem Jahr habe man 500 Baugenehmigungen bekommen und Platz für bis zu 1000 Bewohner geschaffen. "Es hängt offenbar von der Einstellung der Ämter und Parteien vor Ort zusammen", meint sie.

In Bonn habe es einen Dialog von Politik und Immobilienwirtschaft zum Thema Wohnen gegeben, erinnert Martin Venjakob (Bonava Deutschland). "Das Ergebnis war, dass die Politik bei Bauprojekten 40 Prozent geförderten Wohnraum durchsetzen wollte und damit die Wirtschaft vor den Kopf gestoßen hat." Die Folgen habe man nicht bedacht: Die restlichen 60 Prozent eines Projektes müssten den Minderertrag ausgleichen und würden damit extrem teuer.

Wie kann man die Entwicklung des Wohnungsmarktes besser fördern? Kampmeyer schlägt einen "Masterplan Wohnen" vor, übergreifend, vielleicht sogar mit Köln. Der Masterplan solle auch die Gewerbeentwicklung einschließen, denn dort herrsche ebenso wie auf dem Wohnungsmarkt ein Engpass; die Märkte konkurrieren um die Flächen. Auch Unternehmen benötigen attraktive Standorte, wenn sie sich weiterentwickeln und interessante Arbeitsplätze bieten wollen, betont der Experte.

Claudia Steinfort (S Corpus Immobilien) bringt eine Idee ins Gespräch, die in anderen Städten mit Wohnraumknappheit bereits in der Diskussion oder gar Umsetzung sind: Wohnhochhäuser. "Vielleicht sollten wir das gemeinsam mit den Städten mutiger angehen, denn wir können kein zusätzliches Bauland aus dem Nichts schaffen."

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