Nachfrage Nachfrage bleibt hoch

Die Corona-Krise berührt auch den Bonner Immobilienmarkt. Doch auf eine Entspannung sollten Kaufinteressenten und Mieter nicht hoffen. Dafür ist der Nachfragedruck zu hoch, sagen Marktbeobachter

 Begehrte Wohngegend: Häuserschlucht in der Bonner Wolfstraße.

Begehrte Wohngegend: Häuserschlucht in der Bonner Wolfstraße.

Foto: Sascha Stienen

Werden Immobilien nach Corona billiger und gibt es wieder mehr Angebote? Die Menschen haben vielleicht nicht mehr so viel Geld, das könnte doch die Nachfrage drücken. Danach sieht es indes zumindest im Raum Bonn nicht aus. Marktkenner beobachten eine anhaltend hohe Nachfrage, wie sie bei der virtuellen Expertenrunde ausführen. Wie viele Veranstaltungen derzeit wurde auch das 2. GA-Immobilienforum ins Netz beziehungsweise ans Telefon verlegt.

Erste Erkenntnis: Wenn die Krise zunächst die Nachfrage dämpfte, war das nur eine Delle. „Die Nachfrage fiel in der Hochzeit der Corona-Krise etwas geringer aus. Jetzt, wo die Maßnahmen gelockert werden, steigen sie schon wieder deutlich“, stellt zum Beispiel Nina Reiter-Mönke (Bernd Reiter Gruppe) fest. „Zu Beginn der Corona-Maßnahmen gab es große Unsicherheit, doch das hat sich inzwischen etwas normalisiert“, bestätigt Martin Venjakob (Bonava Deutschland). „Die Beratung in unseren Musterhäusern und Musterbüros ist weiterhin möglich. Allerdings achten wir darauf, individuelle Termine mit Mindestabstand durchzuführen.“

In den ersten drei Wochen hätten tatsächlich einige Kunden ihre Reservierungen abgesagt. Betroffen gewesen seien unter anderem Kunden aus dem Ausland, die nicht die Möglichkeit hatten, nach Deutschland zu reisen. „Aber das hat sich normalisiert. Und wir stellen fest, dass die Nachfragen deutlich werthaltiger geworden sind.“

Einen dämpfenden Einfluss aufs Geschäft registriert indes Markus Gelderblom (Haus & Grund Bonn/Rhein-Sieg): „Im ersten Quartal gab es deutlich weniger Abschlüsse als in der Zeit davor.“ In diesem Jahr werde es viel weniger Kaufverträge geben, und bei den Neubauten tue sich auch nichts Wesentliches. „Ich habe mit Maklern gesprochen, die berichteten von dramatischen Umsatzeinbrüchen bis zu 50 oder gar 70 Prozent.“ Das betreffe aber vor allem Gewerbemakler, die Ladenlokale oder Räume für die Gastronomie vermieten.

Nach Beobachtung von Nina Reiter-Mönke spekulierten einige Kunden auf Preisreduzierungen und stellen ihre Anfragen zurück. „Andere Kunden möchten hingegen schnell Kaufabschlüsse tätigen, da der Immobilienmarkt gegenüber anderen Anlageformen immer noch als sicherstes Investment angesehen wird.“ Der gesamte Verwaltungsprozess hat sich verlangsamt, „aber große Einschläge sind ausgeblieben.“ Allerdings arbeiteten Gutachter sehr zurückhaltend, „und bei einigen Banken müssen unsere Kunden leider feststellen, dass Sicherheitsabschläge auf den Beleihungswert berücksichtigt werden, so dass sogar auch bei bonitätsstarken Kunden Unsicherheiten bei den Finanzierungen zu bemerken sind. Ebenso wie eine viel längere Bearbeitungszeit von Seiten der Banken!“

„Die Krise bedeutet eine große Herausforderung für jeden Marktteilnehmer und alle Branchen“, räumt Jan-Peter Sattler-Riegel (Immobilienkontor Peter Sattler) ein. „Aber die Befürchtungen, dass die Preise fallen und eine Blase platzt, haben sich nicht bewahrheitet – zumal es im Bonner Markt keine Blase gibt. Die Nachfrage bleibt ungebrochen hoch.“ Das belegt Sattler an einem Beispiel: „Wir hatten für ein Angebot innerhalb von zwei Stunden 45 Anfragen bekommen und dabei fünf ernsthafte Kaufinteressenten ermittelt.“

Ein ähnliches Beispiel zitiert Martin Venjakob. Im aktuellen Projekt in Wesseling hatte Bonava kürzlich sechs Reihenhäuser im Internet angeboten, „schon fünf Minuten später waren diese reserviert.“ Von der Finanzierungsseite haben wir gehört, dass sich Interessenten allerdings darauf einstellen müssten, dass die Finanzierung aktuell rund fünf bis sechs Wochen länger dauert als vor Beginn der Corona-Krise.

Auch Banken sehen „eine sehr große Nachfrage und einen hohen Bedarf an Finanzierungen“, wie Christian Dorn (PSD Bank West) bemerkt. „Wir stellen keinen Abbruch dieser Nachfrage durch die Krise fest.“ Ein paar Kunden hätten ihre Kreditanfragen zurückgezogen; „das sind aber nur wenige“. Ein Grund für die Nachfrage: „Immobilien werden gerade jetzt als sichere, wertbeständige Kapitalanlage gesehen. Das gilt sowohl für Eigennutzer wie für Anleger, die auch durch die Kurseinbrüche an den Börsen verunsichert wurden.“

Das wirkt sich auf die Angebotsseite aus, wie Jan-Peter Sattler-Riegel bemerkt: „Derzeit halten sich viele insbesondere ältere Verkäufer wegen der Corona-Pandemie zurück, sie scheuen Besichtigungstermine. Wegen der allgemeinen Unsicherheit sehen viele Menschen zudem ihr Geld besser in Stein aufgehoben als auf dem Bankkonto.“

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