Gauck mahnt lösungsorientierten Ton an

Seoul · Bundespräsident Joachim Gauck hat im schärfer werdenden Streit um die Konsequenzen aus der Flüchtlingskrise einen lösungsorientierten Umgang miteinander angemahnt.

 Gauch: "Sorge würde es mir bereiten, wenn wir nicht mehr aufeinander hören würden". Foto: Kim Hee-Chul

Gauch: "Sorge würde es mir bereiten, wenn wir nicht mehr aufeinander hören würden". Foto: Kim Hee-Chul

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Er wünsche sich, "dass wir zu einem Ton finden, in dem wir die Sorgen der Bürgermeister oder auch die erschöpften Kräfte der Helfer, ehrenamtlicher wie hauptamtlicher, zusammenbringen mit dem Problem, was wir lösen wollen", sagte Gauck am Rande eines Besuchs in Südkorea auf Journalistenfragen. "Sorge würde es mir bereiten, wenn wir nicht mehr aufeinander hören würden", ergänzte er auf die Bemerkung, ob ihm der schärfere Ton Sorgen bereite.

Er finde es "normal, dass angesichts der vielen Zuwanderer und Asylsuchenden die Gesellschaft sich darüber unterhält, was können wir leisten", sagte Gauck. Kürzlich habe er in zwei Reden angemahnt, diese Debatte zu führen "und praktisch unser Herz und unseren Verstand miteinander in Kontakt zu bringen." Er meine, "dass ein Schweigen über eine Situation, die viele Kommunen erheblich belastet, oder ein Schweigen auch über Ängste, uns nicht hilft". Sein Rat sei gewesen, über das Thema zu reden, "und zwar in einer Weise, die dem anderen abnimmt, dass er nach guten Lösungen sucht".

Zum Koalitionsstreit über die Einrichtung von Transitzonen für Flüchtlinge an den Grenzen wollte sich Gauck nicht äußern. Die Suche nach einer Lösung überlasse er den operativen Politikern. "Mein Amt eignet sich wenig dazu, denen, die politische Verantwortung haben, zu sagen, in welche Richtung sie nun Entscheidungen fällen sollen." Er melde sich zu Wort, wenn es um grundsätzliche Dinge gehe, "um Solidarität oder Nichtsolidarität. Um menschenfeindliches Gehabe oder menschenfeindliche Untaten".

Kürzlich habe er die Reaktionen der Menschen in zwei Gruppen eingeordnet, in jene der Besorgten und jene der Begeisterten, sagte Gauck. "In meinem Umfeld leben genug Menschen, die beides sind. Die besorgt sind, wie schaffen wir, wie lösen wir die Probleme. Und die voller Freude sind, darüber, dass wir ein solidarisches Land sind. Man kann beides sein und muss nicht nur das eine sein."

Gauck äußerte Verständnis, "dass wir uns Gedanken machen müssen, wie der Zustrom kanalisiert werden wird". Dabei gebe es unterschiedliche Antworten etwa zu Maßnahmen in den Herkunftsländern, an den Grenzen oder bei der Hilfe für die Kommunen. "Ich sehe da keinen Stillstand", ergänzte er. "Es ist eine sehr bewegte Szenerie, die daran arbeitet, die Lösungen zu schaffen, mit denen wir alle leben können. Wir, die schon da sind und die, die jeden Tag zu uns kommen."

Gauck hatte schon beim Festakt zum 25. Jahrestag der Vereinigung Verständnis für Ängste in der Bevölkerung geäußert. Es spüre wohl fast jeder, wie sich in die große Hilfsbereitschaft der Menschen auch Sorge schleiche, sagte er damals. "Dies ist unser Dilemma: Wir wollen helfen. Unser Herz ist weit. Aber unsere Möglichkeiten sind endlich."

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