Rückendeckung von Trump Harter Schnitt? Theresa May hält Grundsatzrede zum Brexit

London · Seit Monaten wächst der Druck auf die britische Regierungschefin, ihre Brexit-Pläne offenzulegen. Wird sie in ihrer Grundsatzrede Tacheles reden? Rückendeckung bekommt sie aus den USA.

 Die britische Premierministerin Theresa May spricht im britischen Unterhaus, neben ihr Außenminister Boris Johnson.

Die britische Premierministerin Theresa May spricht im britischen Unterhaus, neben ihr Außenminister Boris Johnson.

Foto:  PA Wire

Die Europäische Union erwartet von der Rede der britischen Premierministerin Theresa May am Dienstag endlich mehr Klarheit über den geplanten Brexit.

May wird gegen Mittag - etwa um 12.45 Uhr MEZ - im Lancaster House in London sprechen. Möglicherweise kündigt sie einen harten Schnitt mit der EU an, wie britische Medien spekulierten. Zu der Rede sind auch zahlreiche Botschafter geladen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dämpfte jedoch Erwartungen an rasche Festlegungen. "Das werden wir uns natürlich aufmerksam anhören", sagte Merkel. Zählen würde aber letztlich das, was als Austrittsantrag eingereicht werde.

Der designierte US-Präsident Donald Trump kündigte in einem Interview einen möglichen amerikanisch-britischen Handelspakt an. Dazu sagte der britische Außenminister Boris Johnson: "Ich denke, es sind sehr gute Nachrichten, dass die USA ein gutes Freihandelsabkommen mit uns abschließen wollen und dass sie es schnell machen wollen." Doch es müsse ein Deal sein, der die Interessen beider Seiten berücksichtige.

May steht sei längerem unter Druck, endlich zu umreißen, was Großbritannien in den Austrittsverhandlungen mit der EU erreichen will. Es könnte die bedeutendste Ansprache der Regierungschefin seit ihrem Amtsantritt im vergangenen Juli werden.

Britische Medien hatten am Wochenende berichtet, dass May bei ihrer Rede eine harte Linie beim Thema Arbeitnehmerfreizügigkeit von EU-Bürgern ankündigen könnte. May soll demnach auch die Bereitschaft signalisieren, Großbritannien aus dem europäischen Binnenmarkt zu führen - das hätte gravierende wirtschaftliche Folgen. Ein Regierungssprecher nannte die Berichte über einen solchen "harten Brexit" auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur spekulativ.

Die verbleibenden 27 EU-Länder hatten bereits erklärt: Großbritannien könne kein Teil des europäischen Binnenmarkts bleiben, wenn es den Zuzug von EU-Arbeitnehmern einschränken sollte. Das Thema Einwanderung spielte eine dominierende Rolle im Wahlkampf vor dem historischen Referendum im Juni vergangenen Jahres. Damals stimmte eine knappe Mehrheit der Briten für einen EU-Austritt.

Trump sagte der EU nach dem Brexit schwere Zeiten voraus: "Wenn Sie mich fragen, es werden weitere Länder austreten." Der Zustand der EU sei ihm aber nicht sehr wichtig, erklärte er in einem am Montag veröffentlichten Interview von "Bild" und der Londoner "Times". Nach Ansicht des "Times"-Kolumnisten Michael Gove, der das Interview auch führte, hat Großbritannien einen "speziellen Platz" im Herzen Trumps.

Gove ist ein entschiedener Anhänger des Brexits und war früher Justizminister. Im Rennen um die Nachfolge für den ehemaligen britischen Premierminister David Cameron unterlag er Theresa May. May wird erst im Frühjahr Trump treffen. Es hatte etwas gedauert, bis die Regierung in London Kontakte zu dem Team des künftigen US-Präsidenten aufbauen konnte. Der ehemalige Chef der EU-feindlichen Ukip-Partei, Nigel Farage, war noch schneller. Er düpierte May kurz nach der Wahl Trumps im November mit einem Foto, das ihn mit Trump zeigte.

Andeutungen des britischen Finanzministers Philip Hammond über ein mögliches Steuerdumping seines Landes infolge des Brexits stießen unterdessen bei deutschen Politikern auf Unverständnis. "Die beiden großen ökonomischen Schwächen Großbritanniens sind das beachtliche Handelsdefizit und das große Haushaltsdefizit", sagte der CDU-Abgeordnete Norbert Röttgen der "Welt" (Montag). "Die "Drohungen" Hammonds mit Zöllen und Steuersenkungen sind darum Drohungen mit Selbstbeschädigung und als solche Ausdruck britischer Ratlosigkeit."

Hammond hatte im Interview mit der Zeitung angekündigt, seine Regierung werde bei einem fehlenden Zugang zum europäischen Markt sein Wirtschaftsmodell überdenken. Die Regierung in London hatte niedrigere Steuersätze für Unternehmen als ein mögliches Instrument nach dem Brexit schon in der Vergangenheit angekündigt.

Beobachter zweifeln daran, dass sich May in ihrer Rede allzu sehr in die Karten schauen lässt. Sie hatte eine öffentliche Debatte über ihre Brexit-Strategie in der Vergangenheit stets abgelehnt. Andernfalls könne die Verhandlungsposition des Landes geschwächt werden, so argumentierte die Regierungschefin.

Spätestens Ende März will May die Austrittserklärung ihres Landes nach Brüssel schicken. Erst dann können die Verhandlungen beginnen. Ob sich dieser Zeitplan einhalten lässt, hängt auch von einem Urteil des höchsten britischen Gerichts ab, mit dem noch im Januar gerechnet wird. Die Richter sollen entscheiden, ob May die Zustimmung des Parlaments einholen muss, bevor sie die EU förmlich über den geplanten Austritt Großbritanniens in Kenntnis setzt.

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