"Honig ist komplexer als Wein"

Interview mit der Berliner Buchautorin Simone Hoffmann, die Honig mit Ziegenkäse kombiniert

"Honig ist komplexer als Wein"
Foto: GA

Eigentlich ist Simone Hoffmann Wein-Journalistin. "Aber ich möchte mir auch andere Themen suchen: solche, wo die Produkte an Geschmacksvielfalt und Komplexität mit Wein vergleichbar sind." Der Honig erfüllt ihre Ansprüche - sogar mehr als das: "Honig toppt Wein", sagt sie im Gespräch mit Tina Stommel.

General-Anzeiger: Komplex soll das Lebensmittel sein, dem Sie sich widmen - wie komplex ist denn Honig?

Simone Hoffmann: Unglaublich komplex! Bei echtem Bienenhonig sind allein 150 verschiedene Aromen nachzuweisen. Diese Vielfalt entsteht, weil Honig je nach Wetter oder auch Herkunft einen anderen Geschmack entwickelt.

GA: Das gilt auch für Wein. Warum ist Honig dennoch komplexer?

Hoffmann: Beim Wein haben wir die eine bestimmte Lage. Aber als ich zum Beispiel die Imkerin Marianne Kehres aus Much besuchte, stellte ich fest, dass schon der Honig von der Nachbarwiese anders schmeckt als der von der Wiese direkt am Haus. Das liegt einfach daran, dass überall andere Pflanzen wachsen, mit anderem Nektar.

GA: Wie würden Sie denn die verschiedenen Regionen in Deutschland in punkto Honig bewerten?

Hoffmann: Rund um Berlin ist das Geschmackserlebnis eher etwas langweilig - da gibt"s vor allem Linden- und Rapshonig. Im Rheinland dagegen herrscht große Vielfalt - es gibt hier sehr interessante Wildblütenhonige.

GA: Was unterscheidet den Imkerhonig vom Industriehonig?

Hoffmann: Die Industriehonige sind eine Mischung von Imkerprodukten aus Deutschland oder auch Europa. Diese Honige werden so lange gemischt, bis bei jeder Produktion derselbe typische Geschmack herauskommt - außerdem noch dieselbe Farbe und Flüssigkeit. Beim Imker dagegen wirkt die Natur unmittelbar auf das Produkt ein: Das Wetter und der Pflanzenreichtum variieren jede Saison. Man kann das gut mit Wein vergleichen: Industriehonig zu essen, das ist, als würde man immer denselben Wein mit demselben Jahrgang trinken.

GA: Inwiefern wird Honig auch in der Medizin eingesetzt?

Hoffmann: Honig enthält keimhemmende Stoffe und Pollen, die das Immunsystem aktivieren. Deshalb ist es zum Beispiel für Allergiker sehr gut, Honig aus ihrer unmittelbaren Nachbarschaft zu essen: So nimmt er genau die Pollen zu sich, auf die er allergisch reagiert, und stärkt damit seine Abwehrkräfte.

GA: Wie oft essen Sie selbst Honig?

Hoffmann: Jeden Tag zum Frühstück - und ich verwende ihn auch, wenn ich Soßen oder Dips mache.

GA: Ihr Honig-Rezept kombiniert Honig mit Ziegenkäse - eine besondere Kombination...

Hoffmann: Ja, gerade wenn der Ziegenkäse warm ist, verbindet er sich mit dem Honig zu einem ungewöhnlichen, sehr raffinierten Geschmackserlebnis.

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