Widerstand gegen Trump Insider-Bericht bringt Weißes Haus in Aufruhr

Washington · Ein anonymer Gastbeitrag macht US-Präsident Trump schwer zu schaffen: Es soll organisierten Widerstand gegen ihn in der eigenen Mannschaft geben. Trump tobt. Die nervöse Suche nach dem Autoren hat begonnen. Wer steckt dahinter? Die ersten sehen sich zu Dementis bemüßigt.

 Leitartikel der New York Times mit der Überschrift "A Free Press Needs You" (Eine freie Presse braucht dich).

Leitartikel der New York Times mit der Überschrift "A Free Press Needs You" (Eine freie Presse braucht dich).

Foto: Mark Lennihan/AP

In dem Gastbeitrag, den die "New York Times" am Mittwoch (Ortszeit) veröffentlicht hatte, heißt es, hochrangige Mitarbeiter der US-Regierung vereitelten bewusst die Umsetzung von Plänen Trumps, um Schaden vom Land abzuwenden.

Die "Washington Post" berichtete, die Verunsicherung im Weißen Haus nach der Veröffentlichung sei enorm. Dort werde der Text auf bestimmte Sprachmuster untersucht , um dem Urheber auf die Spur zu kommen. US-Außenminister Mike Pompeo und Vize-Präsident Mike Pence wiesen öffentlich weit von sich, etwas mit dem Text zu tun zu haben.

In dem Text des Regierungsmitarbeiters heißt es, Trumps Handeln sei "dem Wohlergehen unserer Republik abträglich". Der Präsident verstehe nicht, "dass viele hochrangige Mitarbeiter in seiner eigenen Regierung von innen heraus unablässig daran arbeiten, Teile seines Programms und seiner schlimmsten Neigungen zu verhindern."

Trumps impulsive und zerstreute Art führe zu halbgaren, schlecht informierten und bisweilen waghalsigen Entscheidungen. "Jeder, der mit ihm arbeitet, weiß, dass er keinen erkennbaren Grundprinzipien folgt, die seine Entscheidungsfindung leiten." Viele derjenigen, die Trump ernannt habe, "haben gelobt, dass wir tun, was wir können, um unsere demokratischen Institutionen zu schützen", schreibt der anonyme Autor. Und weiter: "Wir werden tun, was wir können, um die Regierung in die richtige Richtung zu lenken, bis es - auf die eine oder andere Art und Weise - vorbei ist."

Dass die "New York Times" einen Gastbeitrag ohne Namen veröffentlicht, ist ungewöhnlich. Dass ein Mitarbeiter der US-Regierung sich an eine (von Trump noch dazu verachtete) Zeitung wendet, um zu verkünden, dass es aktiven "Widerstand" gegen den Präsidenten gibt, ist es mindestens ebenso.

Die "New York Times" kennt eigenen Angaben zufolge den Namen des Autoren. Die Redaktion argumentiert, die anonyme Veröffentlichung sei die einzige Möglichkeit, ihn zu schützen und den Lesern zugleich "eine wichtige Sichtweise zu übermitteln".

Der Informationsdienst "Axios" berichtete, nach der Veröffentlichung in der "New York Times" hätten sich bei ihnen zwei weitere Regierungsmitarbeiter gemeldet und gesagt, der Autor des Beitrags spreche ihnen aus der Seele. "Viele von uns hätten sich gewünscht, wir hätten das geschrieben", zitierte "Axios" einen von ihnen. "Es gibt Dutzende und Dutzende von uns."

Der Beitrag hat das Weiße Haus in größtmögliche Unruhe versetzt. Die "Washington Post" zitierte einen Regierungsmitarbeiter mit Blick auf den Autoren: "Das Problem für den Präsidenten ist, dass es so viele Personen sein könnten." Das Blatt berichtete, unter Mitarbeitern in der Regierungszentrale zirkulierten Nachrichten mit dem Satz: "Die Schläferzellen sind erwacht".

Kabinettsmitglieder sahen sich bemüßigt, öffentlich eine Autorenschaft von sich zu weisen. Außenminister Pompeo sagte am Rande eines Besuches in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi auf Nachfrage zu dem Text: "Das ist nicht von mir." Vize-Präsident Mike Pence ließ über seinen Sprecher ausrichten, dass er mit dem Text nichts zu tun habe. Eine ganze Reihe weiterer Kabinettsmitglieder ließen ebenfalls über ihre Sprecher erklären, dass sie nicht Urheber des Beitrages seien. Trumps gesamte Mannschaft ist nun unter Zugzwang.

Auch First Lady Melania Trump, die sich mit öffentlichen Äußerungen - insbesondere mit offensiven Solidaritätsbekundungen für ihren Mann - sonst eher zurückhält, meldete sich zu Wort. Dem Fernsehsender CNN übermittelte sie folgende Botschaft an den Autor: "Sie schützen dieses Land nicht, Sie sabotieren es mit ihrem feigen Handeln."

Auch Vize-Präsident Mike Pence ließ über seinen Sprecher ausrichten, dass er mit dem Text nichts zu tun habe. Der Vize-Präsident versehe seine Gastbeiträge mit Namen, schrieb Pences Sprecher bei Twitter.

Trump hatte bereits am Mittwoch (Ortszeit) hochverärgert auf den Gastbeitrag reagiert, von einem "feigen" Text gesprochen und gefordert, die "New York Times" müsse den anonymen Autor aus Gründen der nationalen Sicherheit "sofort der Regierung aushändigen" - falls er denn tatsächlich existiere. Auf Twitter schrieb Trump in Großbuchstaben: "VERRAT?"

Die "New York Times" bezeichnet den anonymen Autoren als "Senior Official", womit viele Regierungsmitarbeiter gemeint sein können. Unklar ist also, wie hochrangig der Autor tatsächlich ist. Klar ist aber, dass er ein verheerendes Bild von Trumps Weißem Haus zeichnet - wie am Tag zuvor schon der Pulitzer-Preisträger Bob Woodward.

Am Dienstag waren erste Auszüge von Woodwards neuem Buch über die Trump-Präsidentschaft veröffentlicht worden, das am kommenden Dienstag erscheint - und das Trump eine "erfundene Geschichte" nennt. Auch in dem Buch werden Zweifel daran geweckt, ob der Präsident eigentlich die Kontrolle im Weißen Haus hat.

Weitere Infos

  • Der US-Verfassung zufolge kann ein Präsident nur vom Kongress des Amtes enthoben werden. Dazu gibt es das Impeachment-Verfahren. Als Gründe dafür nennt die Verfassung "Verrat, Bestechung oder andere schwere Verbrechen und Vergehen" - eine nähere Definition gibt es nicht.

Das Repräsentantenhaus leitet das Verfahren ein, erste Schritte erfolgen in dessen Justizausschuss. Am Ende verabschiedet die gesamte Kammer mit einfacher Mehrheit eine Liste von Anklagepunkten und leitet sie an den Senat weiter, dem die Funktion eines Gerichts zukommt. Der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs leitet das Verfahren, einer Verurteilung müssen am Ende zwei Drittel der anwesenden Senatoren zustimmen. Nach Angaben des Senats ist keine Berufung vorgesehen. Bisher ist noch kein US-Präsident durch ein Impeachment-Verfahren des Amtes enthoben worden.

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