Musiker der Villa Musica Letzter Schnee und neue Schöpfung

BAD BREISIG · Mit drei Stücken in wechselnden Besetzungen haben Hornistin Marie-Luise Neunecker und Stipendiaten der Villa Musica den Reigen der Breisiger Abendmusiken in diesem Jahr eröffnet.

 Konzert der Villa Musica in der Bad Breisiger Pfarrkirche Sankt Marien.

Konzert der Villa Musica in der Bad Breisiger Pfarrkirche Sankt Marien.

Foto: Martin Gausmann

Das zahlreiche Publikum füllte das Kirchenschiff von Sankt Marien bis auf den letzten Platz und erlebte eine musikalische Reise von der Klassik bis in die Gegenwart, ergänzt durch geistliche Texte von Gemeindereferentin Christel Fassian-Müller.

Auch das fröhlichste Frühjahrskonzert kann nicht über den Schrecken der letzten Tage hinwegtäuschen. So griff Gemeindereferentin Fassian-Müller in ihren Texten auch den Flugzeugabsturz auf. Glücklicherweise erklang mit dem "Sextett g-Moll" op. 44 von Johanna Senfter zum Auftakt des Konzert ein Stück, welches im Frühlingspanorama eher den letzten Schnee beschrieb. In dunklen, verworrenen Motiven entwickelte sich dort eine Bombastmusik, die an Senfters Lehrer Max Reger erinnern ließ.

Selbst der muntere Auftakt im Stil einer Siciliana ließ keine Unbeschwertheit aufkommen. Kompositorisch prägte das Werk der durchbrochene Satz, bei dem die Melodien durch alle Instrumente weitergegeben werden. Nur an wenigen Stellen des zweiten Satzes konnte sich einer der Musiker in einem Solopart in den Vordergrund spielen. Erst der Schlusssatz ließ erahnen, was im weiteren Verlauf des Konzertes auf die Zuhörer zukommen sollte.

Mit Detlef Glanerts "Fünf Chansons für Bläserquintett" machten die Musiker einen Sprung in die Gegenwart: Uraufführung des Stückes war Mai 1997. Den ersten Chanson "Air" markiert ein breites Klarinettensolo zu Beginn, das plötzlich durch Staccati der anderen Bläser begleitet wird. Immer drängte sich ein Instrument in den Mittelpunkt, um dann schnell wieder in den luftigen Begleitakkorden zu verschwinden. Fast ein Nicht-Stück stellte "Heliotrop" dar.

Die Musik glich einer Blüte, die sich zwar öffnen will, aber den letzten Schritt nicht packt. Aus dem leisen Beginn in den Holzbläsern entwickelte sich ein musikalisches Nichts, das in einem leisen Hornsolo verwehte. Ganz anders hingegen die "Gambade". Das französische Wort bezeichnet einen Freudensprung, aber auch im übertragenen Sinne einen lächerlichen Einfall.

Dementsprechend gaben sich die waghalsigsten Motive in den einzelnen Instrumenten die Klinke in die Hand. Besonders das Fagott - streckenweise klanglich nicht von einem Saxofon zu unterscheiden - war Garant für Störmotive und das groteske Finale. "Tramonto" schloss sich klanglich an den ersten Chanson an: eine Sonnenuntergangsszenerie, die jedoch durch ein aufsteigendes Glissando im Horn gestört wurde.. In der gleichen Richtung endete der chaotische Reigen mit "Ariel", einem Porträt des Luftgeistes aus William Shakespeares "Der Sturm".

Mit einem Blick zurück in die Wiener Klassik betraten die Musiker wieder bekannteres Terrain. Das 1802 fertiggestellte "Septett Es-Dur" op. 20 von Ludwig van Beethoven zählte zu seinen schon zu Lebzeiten berühmtesten Werken.

Auch wenn der späte Beethoven die Verehrung für eben dieses Stück etwas ungeheuerlich wurde, so hatte er doch zur Zeit der Komposition Großes im Sinn: Er wollte damit seinen Lehrer Joseph Haydn herausfordern, der ein Jahr zuvor "Die Schöpfung" zur Uraufführung gebracht hatte. In der Interpretation der Villa-Musica-Stipendiaten um Neunecker kamen besonders die Anklänge dieser neuen Schöpfung an Beethovens Sinfonien zu Gehör, wobei jedoch die volkstümlichen Klänge des dritten und vierten Satzes nicht unter den Tisch gekehrt wurden. Begeisterter Applaus war den Musikern damit sicher.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort