Kommentar zu Merkels Rede in Davos Europas eigener Weg
Meinung | Berlin · Europa geht jetzt seinen eigenen Weg – mit neuen Partnerschaften. Angela Merkel hat beim Weltwirtschaftsforum in Davos in einer bemerkenswerten Rede deutlich gemacht, dass sich die EU für die Zukunft neu aufstellen will, kommentiert Holger Möhle.
Europa geht jetzt seinen eigenen Weg – mit neuen Partnerschaften. Angela Merkel hat beim Weltwirtschaftsforum in Davos in einer bemerkenswerten Rede deutlich gemacht, dass sich die EU für die Zukunft neu aufstellen will. Wenn Deutschland im zweiten Halbjahr die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt, plant Merkel für die neue Zeit: mit einem EU-Afrika-Gipfel in Brüssel und mit einem EU-China-Gipfel im September in Leipzig. Ohne den US-Präsident namentlich zu erwähnen, zieht die deutsche Regierungschefin damit die Konsequenzen aus dem anhaltenden Desinteresse dieser US-Regierung an Europa. Die Bundeskanzlerin ist davon überzeugt, dass die Probleme auf diesem Erdball nur in einer multipolaren Welt friedlich gelöst werden können und nationale Alleingänge in eine Sackgasse führen müssen.
Also hat Merkel ihre Weltkarte überarbeitet. Afrika ist ein gigantischer Wachstumsmarkt mit riesigem Potenzial. Die Bundeskanzlerin will mit den Staaten Afrikas, von denen zahlreiche unter europäischer Kolonialherrschaft gelitten haben, eine Partnerschaft auf Augenhöhe und keine Gönnerhaftigkeit mit karitativem Anstrich. Will Europa ein geopolitischer (Macht)Faktor auf der Weltbühne werden und bleiben, braucht es Entschlossenheit, Einigkeit und internationale Freihandelsabkommen (wenn es geht, auch mit den USA).
Mit China pflegt Deutschland schon lange lukrative Handelsbeziehungen, doch Europa verfolgt im Dialog mit Peking noch keine einheitliche Linie. Mit einem EU-China-Gipfel in Deutschland will Merkel die Qualität der Beziehungen zwischen der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt und dem europäischem Binnenmarkt auf eine neue Stufe heben. Merkel zeigt, Europa kann auch anders. Es kann auch ohne Donald Trump.