Kommentar zur Wahl in Portugal Brüssels Musterschüler

Meinung | Madrid · Ministerpräsident António Costa ging aus der Parlamentswahl im früheren Euro-Krisenland Portugal am Sonntag nicht nur siegreich, sondern deutlich gestärkt hervor. GA-Korrespondent Ralph Schulze kommentiert die Wahl.

 Antonio Costa, Ministerpräsident von Portugal und Kandidat der Sozialistischen Partei, jubelt nach seinem Wahlsieg.

Antonio Costa, Ministerpräsident von Portugal und Kandidat der Sozialistischen Partei, jubelt nach seinem Wahlsieg.

Foto: dpa/Armando Franca

Viele Jahre galt Portugal als europäisches Sorgenkind. Das Land rutschte 2011 in die Staatspleite und musste von der EU mit einem Milliardenkredit gerettet werden. Die Finanz- und Wirtschaftskrise ist inzwischen weitgehend überwunden. Der Staat gilt mittlerweile als Brüssels Musterschüler. Premier António Costa konnte nun den Lohn einfahren: 36,7 Prozent für seine Sozialistische Partei bedeuten klar Platz eins. Costa, der einen sozialdemokratischen Kurs fährt, kann also wie bisher mit seinem Minderheitskabinett und mit Unterstützung kleinerer Linksparteien regieren und sein Reformwerk fortsetzen. Die konservative Oppositionspartei musste sich mit 27,9 Prozent begnügen.

Kaum ein EU-Mitglied hat jüngst einen so radikalen Wandel erlebt wie dieses Land. Dabei half entscheidend der Spagat Costas zwischen disziplinierter Haushaltssanierung und engagierter Sozialpolitik. Die Wirtschaft blühte wieder auf, das Wachstum liegt über dem EU-Schnitt. Das hilft, den Schuldenberg abzubauen. Ausländische Konzerne wie Volkswagen, BMW, Bosch und Daimler investieren Millionen, weil es in Portugal gut ausgebildete Arbeitskräfte gibt und die Lohnkosten deutlich unter dem EU-Schnitt liegen.

Viel Geld kommt auch dank der Millionen Touristen ins Land. Die Urlauber genießen die Traumküsten, den Portwein und authentische Fischgerichte wie Sardinen oder Stockfisch. Ähnlich geht es Tausenden europäischen Rentnern, die ihren Alterssitz in Portugal wählen, auch weil das Land mit Steuervorteilen für Pensionäre und mit niedrigen Lebenshaltungskosten lockt. Erfreulich ist zudem, dass in Portugal die Zustimmung zur EU groß ist. Vom Sorgenkind ist keine Rede mehr.

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