Kommentar 100 Tage neue NRW-Landesregierung - Rot-grüne Konflikte

In den ersten 100 Tagen der neuen rot-grünen Mehrheit in Nordrhein-Westfalen ist deutlich geworden: Es gibt zwar eine stabile Mehrheit für SPD und Grüne, aber das Regieren fällt Hannelore Kraft und ihrem Kabinett nicht leichter.

Das hat vor allem mit den zunehmenden Konflikten zwischen den Koalitionspartnern und den immensen Herausforderungen zu tun, vor denen das Land steht.

Konfliktträchtig erscheint etwa das Verhältnis zwischen jenen beiden, die für die Energiewende zuständig sein sollen - dem neuen Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) und dem alteingesessenen Umweltminister Johannes Remmel (Grüne). Abgesehen davon, dass ihre Kompetenzen von Anfang an nicht klar abgesteckt waren, betont der Ostfriese Duin immer wieder, dass das Land neue Kohlekraftwerke brauche, wenn bestehende aus Altersgründen vom Netz genommen werden müssten.

Nur das helfe, Blackouts zu verhindern. Weil die Energiewende nicht so recht vorankommt, ist Duins Haltung derzeit zwar richtig - aber dennoch ein Schuss ins Kontor grüner Politik. Wer wie Remmel NRW zum Vorreiter im Klimaschutz machen will, kann sich mit Duins Politik nicht abfinden.

Auch beim Kanal-TÜV und dem Nichtraucherschutz schwelen Konflikte. Dass gerade diese beiden Themen derzeit in den Vordergrund der Landespolitik rücken, liegt auch am Fehlen von Ideen zur Lösung der dramatischen Probleme des Landes. Einen ernsthaften Entwurf, der beschreibt, wie Nordrhein-Westfalen in Zukunft wieder mehr finanzpolitischen Spielraum bekommt, gibt es nicht. Macht die Landesregierung aber weiter wie bisher - und ein Umsteuern ist nicht erkennbar - dürfte es kaum möglich sein, wie versprochen, 2020 ohne neue Schulden auszukommen.

Dabei werden die Begehrlichkeiten der Kabinettsmitglieder nicht kleiner: So wird die Schulministerin mehr Geld für den gemeinsamen Unterricht von Behinderten und Nichtbehinderten benötigen. So wird die Wissenschaftsministerin angesichts des Ansturms auf die Hochschulen noch mehr draufpacken müssen. Und so wird die Familienministerin nicht locker lassen, wenn es um den Ausbau der Betreuung von kleinen Kindern geht.

Und die Opposition? Sie befindet sich, mehr noch als Regierung und Koalitionsfraktionen, in der Findungsphase. Bei der CDU ist noch unklar, wie das Zusammenspiel von Fraktionschef Karl-Josef Laumann und dem Landesvorsitzenden Armin Laschet funktionieren kann. Bei der FDP ist Christian Lindner bisher der Alleinunterhalter - wenngleich ein guter -, und die Piraten machen eher dadurch auf sich aufmerksam, dass sie oft untereinander verschiedener Meinung sind. Das zeigt: An der Opposition liegt es nicht, dass der Landesregierung das Regieren nicht leicht fällt.

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