Kommentar 20. Fußball-Weltmeisterschaft - Prüfung bestanden

The best games ever - mit dieser Floskel wurden Olympische Spiele früher in der Regel vom IOC-Chef in selbstherrlicher Weise beendet. Ganz gleich, welche Worte Fifa-Präsident Sepp Blatter finden wird - an dieser Stelle sei es vorweggenommen, weil es wirklich stimmt im Gegensatz zu manchem, was der erste Mann im Welt-Fußball sonst so von sich gibt.

Also: Die 20. Weltmeisterschaft in Brasilien zeigte die besten Spiele aller Zeiten. Soviel ist vor dem Finale klar.

Zugegeben: Längere Schatten werden vier bis fünf "weiße Elefanten" werfen. Stadien also, die in Zukunft nahezu leer bleiben, weil keine adäquate Nachnutzung durch ortsansässige Fußballclubs erfolgt. Am schlimmsten ist das in der Tropenstadt Manaus.

Dort wurde groß gebaut, obwohl es das Mahnmal des Teatro Amazonas gibt, jenes aus den Einnahmen des Kautschukbooms Ende des 19. Jahrhunderts errichtete Opernhaus, das auch heutzutage öffentliche Gelder verschlingt, die Brasilien besser in Infrastruktur und Bildung stecken würde.

Das aber ist die einzige zu recht bleibende Kritik. Sie betrifft negative Folgen dieser WM. Ansonsten haben sich alle Schwarzmalereien glücklicherweise als Rohrkrepierer erwiesen. Von "Tod und Spiele" war auch mit Blick auf Olympia 2016 in Rio de Janeiro im WM-Vorfeld die Rede gewesen. Doch die Straßenproteste der Bevölkerung, die sich einzig gegen die Korruption ihrer Regierung und der Funktionärs-Clique richteten, sind während des Turniers mehr und mehr abgeebbt.

Das allein der verbindenden Kraft des Sports zuzuschreiben, wäre überhöht. Doch die nationale Identifikation und der gegenseitige Respekt, den die Spieler aus aller Welt auf dem Feld demonstriert haben, pflanzen sich über die Zuschauerränge und die Straßen der Bundesrepublik Brasilien rund um den Globus fort.

Selbst in den USA ist die Zeit der Ignoranz vorbei. Fußball ist der Sport, den die Welt spielt. Wenn man so will: Der Fußball als verbindendes Element der modernen Gesellschaft hat seine Reifeprüfung bestanden.

Die auf einem Höhepunkt angekommene Kommerzialisierung tut dem keinen Abbruch. Die Profis müssen sich an die Regeln ihrer Zunft halten. Verstöße werden geahndet, siehe die Suárez-Beißattacke. Es stellt sich das Gefühl ein, dass es einigermaßen gerecht zugeht, jedenfalls gerechter als in vielen anderen Lebensbereichen.

Auch WM-Gastgeber Brasilien hat seine Reifeprüfung bestanden. Kritik an der Organisation: Fehlanzeige. Unaufgeregt ging es zu. Wenn notwendig, wurden kreative Lösungen gefunden. So, wie die Deutschen heutzutage Fußball spielen: auf brasilianische Art.

Das wiederum wissen die Menschen in Deutschland zu schätzen. Seit dem Sommermärchen 2006 werden sie alle zwei Jahre zu Feierbiestern und genießen die WM-und EM-Tage, als gäbe es kein morgen. Brasilianisch eben.