Kommentar Abhöraffäre/Deutschland - Empörung und dann?

Die Erkenntnis ist bitter, aber sie wird folgenlos bleiben. Auch das ist bitter. US-Geheimdienste haben das Handy, die Handys der Bundeskanzlerin abgehört - und dabei ist es ziemlich gleichgültig, ob es das Partei- oder das Regierungs-Gerät war.

Das tut man nicht? Das tun man doch! Selbst wenn man zu der befreundeten Nation schlechthin gehört. Noch bitterer ist: Daran wird sich nach jetzigem Stand nichts ändern. Denn wollte man etwas ändern in Washington, wäre es längst geschehen, als im Sommer die Wogen schon einmal hochschlugen.

Damals jettete gar der leibhaftige Bundesinnenminister zur Aufklärung nach Washington und kam mit leeren Händen zurück. Was er damals aber nicht zugab, sondern von einer beabsichtigten Klärung der Dinge sprach. Dafür kann man sich, das weiß man jetzt, so viel kaufen wie für die gestrige Aussage, selbstverständlich werde die Kanzlerin nicht abgehört.

Spätestens heute also stehen der Bundesinnenminister und mehr noch der Kanzleramtsminister als die Blamierten da. Als die, die nicht nur ahnungslos waren und blieben, sondern als die, die auch noch auf die beschwichtigenden Aussagen aus Washington hereingefallen sind. Die Affäre hatte Ronald Pofalla damals für beendet erklärt. In Wirklichkeit steht sie erst am Anfang und von Aufklärung ist keine Spur, vom Willen dazu auch nicht.

Deshalb steht der Bundestag jetzt vor einer wichtigen Entscheidung: Wenn die Amerikaner nicht aufklären, müssen die Deutschen es eben tun. Das schulden die Abgeordneten dem Grundgesetz und den Grundrechten.

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