Kommentar Abiturprüfungen in NRW - Pionierleistung

Mit der für heute angesetzten Deutsch-Klausur beginnt für die allermeisten der diesjährigen Abiturienten in Nordrhein-Westfalen nach sicherlich für viele stressigen Vorbereitungen die Phase der Prüfungen.

Noch mehr als in den vergangenen Jahren kommt es für die diesjährigen Absolventen auf die Abiturdurchschnittsnote an, wenn sie ihren Traum von einem ganz bestimmten Studium an einem ganz bestimmten Studienort verwirklichen wollen. Weil in diesem Jahr aus Gymnasien und Gesamtschulen nicht nur einer, sondern gleich zwei Jahrgänge strömen, es also sehr viel mehr Studienaspiranten als in anderen Jahren geben wird, wird es auch viel mehr Fächer geben, für die ein Numerus clausus gilt.

Insofern sind jene Schüler, die als erste das Gymnasium in nur acht Jahren zu absolvieren hatten, wieder einmal die Gelackmeierten. Waren sie doch auch schon zu Beginn ihrer G8-Jahre so etwas wie Versuchskaninchen. Als sie im Spätsommer 2005 in den Schulen empfangen wurden, gab es zumeist weder Bücher noch klare Lehrpläne. Schulleitungen und Fachlehrer wussten mangels Fortbildung nicht so recht, wie sie mit der neuen Struktur umgehen sollten.

Notdürftig wurde mittags - meist von Eltern - eine Verpflegung organisiert, um konzentrierten Unterricht am Nachmittag erst zu ermöglichen. Nur eines war klar: Weil die Schulzeitverkürzung eben so überhastet eingeführt wurde - woran im Übrigen sowohl die bis 2005 regierende rot-grüne als auch die danach amtierende schwarz-gelbe Landesregierung ihren Anteil hatten -, mussten die G8er wesentlich mehr lernen als Schüler-Generationen vor ihnen. Denn der Lernstoff wurde erst einmal nicht reduziert. Vielfach gab es diese Diskrepanz zwischen G8 und G9 sogar bis in die letzten Monate der Schulzeit hinein.

Insofern ist bei all diesen Schwierigkeiten den Schülern, aber auch den Schulen als Ganzes zu wünschen, dass die Prüfungen so reibungslos wie möglich über die Bühne gehen und unter den Arbeiten so gute Noten wie möglich stehen, so dass die allermeisten Schüler zumindest den Schlusspunkt ihres Schullebens positiv in Erinnerung behalten.

Gewiss: Wer das Abitur machen möchte, soll sich auch anstrengen. Ohne Fleiß, kein Preis. Aber er soll auch noch die Chance haben, in jungen Jahren ein Leben außerhalb der Schule zu führen, Sport zu treiben, Musik zu machen oder einfach nur mit Freunden Spaß zu haben.

Wenn 13-, 14- oder 15-Jährige (weitaus) länger für die Schule arbeiten als ihre Eltern im Beruf, dann läuft etwas falsch. Gut ist, dass es in den vergangenen Jahren viele Ideen und Initiativen gab, um nachfolgenden Schüler-Generationen die immensen Belastungen zu ersparen, die die ersten G8er als Pioniere zu bewältigen hatten.

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