Kommentar Ärger zwischen Kanzleramt und Kreml - Russlands Sonderweg

Russland will den Westen als Partner, der seinem riesigen Gebiet von Kaliningrad bis Wladiwostok Kapital einbringt und Know-How, der seine Wirtschaft für russische Unternehmen öffnet, aber doch bitte nicht als einen Raum gemeinsamer Werte versteht.

Das empfindet Russland als Zumutung, erhebt es doch die Nicht-Einmischung zur obersten Maxime. 160 russische Firmen kommen zur Hannover Messe, die Merkel und Putin am Sonntag eröffnen. Ökonomisch soll es vorwärtsgehen. Das ist vor allem Russlands Wunsch. Von Deutschland politisch belehren lassen will es sich aber nicht. Und verhält sich damit wie ein trotziges Kind.

Ja, es ist vom Westen desillusioniert, vom Wort "Demokratie" abgeschreckt. Denn die "bösen, wilden 90er Jahre" brachten statt der Volksherrschaft Anarchie mit sich, brachten Schocktherapie, Armut, Rechtlosigkeit. Davon hat sich das Land nicht erholt. Zumal Putin daraus bis heute seinen Ruf als Retter Russlands schöpft und auf ein besonderes Verständnis des Regierens setzt. Er pocht stets auf eine landestypische Variante der Demokratie. "Souverän" nennt er sie. "Manipuliert" ist passender.

Putin setzt auf einen Sonderweg Russlands, beruft sich gar auf Dichter, die schon im 19. Jahrhundert davon sprachen, Russland sei nicht mit dem Verstand, sondern allein mit dem Herzen zu verstehen. Doch der Sonderweg ist ein Mythos, der leicht zu durchschauen ist. In erster Linie ist er machtpolitisch verlockend, weil er die Allmacht der Herrscher festigt. Im 21. Jahrhundert hat er nichts zu suchen.

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