Kommentar Afghanistan - Meilenstein

Kein Zweifel, es ist ein Meilenstein. Die letzten 95 der 400 afghanischen Distrikte unterliegen nun auch der Verantwortung der afghanischen Sicherheitskräfte. Doch selbst wenn sich während der kommenden Monate erweisen sollte, dass sie ihrer Aufgabe nicht oder nur teilweise gerecht werden können, wird sich am Fahrplan nichts ändern.

Der Westen kann sich die milliardenhohen Kosten nicht mehr leisten und ist nicht bereit, weiter den Blutzoll für ein gescheitertes Projekt zu zahlen. Denn alle gegenwärtigen Erfolgsmeldungen dürfen nicht darüber hinweg täuschen, dass Afghanistan zwölf Jahre nach der Vertreibung der Talibanmilizen aus Kabul weder demokratische Verhältnisse noch eine solide wirtschaftliche Grundlage besitzt. Die Aussichten auf Frieden sind bestenfalls vage.

Lediglich die Antiterror-Kämpfer haben Anlass zur Zufriedenheit. Denn von Al Kaida sind am Hindukusch nur noch versprengte Reste übrig, andere Extremisten sind überwiegend damit beschäftigt, den gefürchteten Drohnen zu entgehen. Die Terrorgefahr ist in anderen Weltgegenden längst größer geworden.

Ob dieser Minimalerfolg von Dauer sein wird, bleibt abzuwarten. Es hängt an einer politisch unglaubwürdigen und korrupten Regierung in Kabul, die 30 Millionen Afghanen zu überzeugen, dass sie gemessen an den Talibanmilizen das kleinere Übel ist. Und Afghanistans Sicherheitskräfte müssen zeigen, ob sie starkgeredet werden, oder ob sie wirklich den zahlenmäßig unterlegenen Taliban die Stirn bieten können.

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