Kommentar Afghanistan und die USA - Karsais Absurdistan

Man kann Amerika in Afghanistan so ziemlich alles vorwerfen. Aber dass die Supermacht hinter dem Rücken der Regierung in Kabul mit den Taliban die Zukunft des geschundenen Landes ausverhandelt und Blutbäder begünstigt, um die Präsenz eigener Truppen über das Abzugsjahr 2014 hinaus zu legitimieren, ist derart an den Haaren herbeigezogen, dass selbst die Steinzeit-Islamisten den Kopf schütteln und Dementis versenden.

Bleibt die Frage: Warum setzt Afghanistans in immer kürzeren Abständen irrlichternder Präsident genau diesen Vorwurf in die Welt und schreibt damit die Zerrüttung im strapaziösen Verhältnis zu Washington fort? Hamid Karsai hat die Wahlen in rund einem Jahr im Blick.

Auch wenn der Paschtune, der vor über zehn Jahren auf dem Petersberg mit dem Segen der internationalen Gemeinschaft ins Amt gehievt wurde, nicht mehr antreten wird - er will sehr wohl das Feld für einen ihm genehmen Nachfolger bereiten und sich selbst bis dahin als obersten Friedensmacher in die Geschichtsbücher mogeln.

Dazu ist ihm kein kurzfristiger innenpolitischer Geländegewinn und kein noch so absurder Profilierungsversuch zu schäbig. Mit der jüngsten Beschimpfung hat Karsai den Bogen überspannt, viele Afghanen sind entsetzt. Seine Tiraden gefährden das Leben von Zivilisten und Soldaten gleichermaßen, nähren im Westen die Rufe nach einem noch schnelleren Abzug der Schutztruppen und tragen zur weiteren Destabilisierung Afghanistans bei.

Eines Präsidenten ist dieses Spiel mit dem Feuer jedenfalls unwürdig.

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