Kommentar Allianz für den freien Sonntag - Muße kennt keine Zeit

Der Sonntag als Tag der Ruhe, Tag der Besinnung - ein schöner Traum. Den kann sich in der heutigen Gesellschaft nur der verwirklichen, der auch die Möglichkeiten dazu hat.

Denn allein elf Millionen Menschen in Deutschland haben kaum eine andere Wahl, als sonntags zu arbeiten. Sonntags frei zu haben, mutiert quasi zum Luxus.

Und wenn frei, dann fordert die Freizeitgesellschaft ihren Tribut ein. Der früher übliche Sonntagsspaziergang mit Familie ist längst Vergangenheit. Der hatte noch etwas Besinnliches, denn er bot Zeit fürs Miteinander und fürs Reden über Dinge, die in der Woche zu kurz kamen.

Die Ansprüche haben sich jedoch geändert, bei Jung und Alt. Spaß muss sein. Familie spielt da weniger eine Rolle, Hauptsache das Event stimmt. Freiwillig geht ohne den Anreiz auf Action noch nicht einmal ein i-Dotz mit seinen Erzeugern vor die Tür, vom Pflichtbesuch bei Oma ganz abzusehen. Nichts ist so, wie es mal war.

Was vielleicht noch bleibt, ist bei Gläubigen der Kirchgang. Da ist, abgesehen von neidischen Blicken auf die neue Garderobe der Nachbarin, vielleicht noch ein bisschen Zeit für Muße. Was bleibt? Jeder muss selbst entscheiden, wann er seine Seele baumeln lassen kann, will oder nicht. Und da spielt der Name des Tages keine Rolle. Muße kennt keine Zeit. Die Idee vom freien Sonntag hat sich leider selbst überholt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Die Demokraten zeigen Zähne
Kommentar zur Situation der AfD Die Demokraten zeigen Zähne
Zum Thema
Ende der Naivität
Kommentar zu russischer Spionage in Deutschland Ende der Naivität
Aus dem Ressort