Kommentar zur Konjunkturentwicklung Am seidenen Faden
Meinung | Berlin · Die deutsche Konjunktur ist tatsächlich wieder aufwärts gerichtet. Wenn es so weiter ginge, hätte Deutschland die Corona-Krise Ende 2021 überwunden. Doch bis dahin sind noch schwere Etappen zu gehen, kommentiert Birgit Marschall.
Man glaubt es kaum, wenn man die immer noch vielen leeren Läden sieht. Doch die deutsche Konjunktur ist tatsächlich wieder aufwärts gerichtet. Das Ifo-Geschäftsklima deutet sogar auf eine kräftige Erholung im dritten Vierteljahr hin, ausgehend allerdings vom tiefsten Tal im zweiten Quartal. Wenn es so weiter ginge, hätte Deutschland die Corona-Krise Ende 2021 überwunden und stünde wieder da, wo sie Anfang 2020 begonnen hatte.
Doch bis dahin sind noch schwere Etappen zu gehen. Entscheidend wird das politische Management sein, das ausgerechnet in den zwölf Monaten vor der Bundestagswahl zeigen muss, dass es die viertgrößte Volkswirtschaft weiterhin geschickt durch diese weltweite Krise manövrieren kann. Bislang ist das vergleichsweise gut gelungen: Deutschland hat weniger Corona-Tote als vergleichbare Länder zu verschmerzen, seine Wirtschaft ist weniger stark eingebrochen und die Arbeitslosigkeit kaum gestiegen.
Der Aufschwung wird nur dann weitergehen, wenn es gelingt, einen zweiten flächendeckenden Lockdown zu verhindern. Die Infektionszahlen steigen, und zwar nicht mehr nur in klar zu identifizierenden Hotspots, sondern an vielen verschiedenen Orten. Die Länder müssen zu gemeinsamen Corona-Regeln finden – und sie sollten sich an den strengsten Ländern orientieren, nicht an den großzügigsten. Veranstaltungen sollten künftig wieder nur mit geringen Teilnehmerzahlen erlaubt sein. Feiern im öffentlichen Raum müssen von der Polizei konsequent verboten und aufgelöst werden. Ebenso sollte es für Maskenverweigerer konsequent Bußgelder geben. Nur wenn sich alle an die Regeln halten, kann der Aufschwung weitergehen und ein massiver Anstieg von Unternehmenspleiten und Arbeitslosigkeit verhindert werden.