Kommentar zum Kampf gegen Fake News An Fakten orientieren
Meinung | Brüssel · Die Europäische Union will verstärkt gegen Desinformationen und Corona-Mythen im Internet vorgehen. Das Konzept der EU-Behörde macht Sinn. Fakten können Unsinn entlarven, kommentiert unser Autor.
So viel Lob aus Brüssel für ein großes Internet-Unternehmen ist selten. Aber Twitter hat mit seiner Reaktion auf den umstrittenen Tweet des US-Präsidenten über Briefwahlen Anfang Juni genau das geliefert, was man sich bei der EU-Kommission vorstellt: Der Meinungsbeitrag Donald Trumps wurde nicht gelöscht, sondern mit einem Fakten-Check ergänzt. Die Botschaft des US-Konzerns heißt: Wer abstruse Beiträge im Netz entlarven will, muss sie an der Wahrheit messen.
Nicht nur die Juristen der EU-Kommission, sondern auch im Berliner Bundesjustizministerium haben bei der Ausarbeitung von Gesetzen gegen Hass, Hetze, Rassismus und Intoleranz gelernt, dass irreführende Informationen übel, aber nicht in jedem Fall illegal sein müssen. Dass illegale Beiträge bekämpft werden, liegt auf der Hand. Doch wie geht man gegen offensichtlichen Unsinn oder gar gesundheitsgefährdende Inhalte vor, die in der Pandemie zuhauf auftraten?
Das Konzept der EU-Behörde macht Sinn. Fakten können Unsinn entlarven. Dabei tut es gut, dass man in Brüssel nicht mit dem Wahrheitsbegriff argumentiert, der viel zu sehr nach von der Obrigkeit verordneten Denkverboten klingen würde. Denn darum darf es nicht gehen. Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist unantastbar, aber es muss sich an den Fakten orientieren.
Daneben brauchen die Mitgliedstaaten ebenso wie die Gemeinschaft als Ganzes deutlich schärfere Instrumente gegen Hass und Hetze, Verunglimpfung und Verbrechen. Das mag eine Herausforderung sein, weil es genügend grenzwertige Darstellungen gibt. Aber das ist kein Gegenargument. Mobbing oder Bedrohung von Frauen, Kindern, Religionen oder gar unterschwellig rassistische Äußerungen gefährden die Freiheit im Internet mehr als Kontrollen.