Kommentar Anklage gegen Sebastian Edathy - Der nächste Fall

Sebastian Edathy wird nun doch ein Fall für die Anklage. Es folgt dem Unvermeidlichen. Ermittler hatten Edathys Namen unter 800 anderen mit einiger Verzögerung auf einer Kundenliste eines Kinderpornografie-Versandhändlers mit Sitz in Kanada entdeckt und schließlich auch zugeordnet. Indiz für einen Anfangsverdacht.

Ob daraus eines Tages auch ein juristisches Urteil gegen den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten wird, ist noch lange nicht geklärt. Es gilt ungeachtet aller öffentlichen Aufregung die Unschuldsvermutung, die Edathy selbstverständlich für sich in Anspruch nehmen darf. Es ist das gute Recht eines jeden Verdächtigen und eines jeden Angeklagten. Dies muss auch in einem Fall des Verdachts der Kinderpornografie gewahrt bleiben.

Edathy dürfte sich mindestens in einer Grauzone bewegt haben. Zwar ist das Betrachten von Fotos nackter Knaben in Deutschland nicht strafbar. Womöglich ist da aber noch weit mehr, sonst hätte die Staatsanwaltschaft Hannover, die Anklage gegen den früheren SPD-Innen- und Rechtspolitiker nicht angestrengt. Verdächtige Links beispielsweise zu kinderpornografischen Internetseiten auf Edathys Rechner?

Der Fall Edathy wirft viele Fragen auf. Er hat politisch ein prominentes Opfer gefordert und für massive Verstimmung in der großen Koalition gesorgt. Der frühere Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) musste zurücktreten, weil er kurz vor Beginn der Koalitionsverhandlungen dem SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel die Information steckte, dass der Name von Edathy bei internationalen Ermittlungen gegen Kinderpornografie aufgetaucht sei. Der politische Flurschaden ist zu besichtigen, auch wenn die Koalitionäre heute betonen, die Sache sei ausgeräumt. Vor allem die CSU hat nicht vergessen.

Der politische Betrieb ist gnadenlos. Und es mutet schon merkwürdig grotesk an, dass ausgerechnet der SPD-Abgeordnete Michael Hartmann, der sich als innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion um den Kollegen Edathy kümmerte, Monate später wegen des Konsums der hochgefährlichen Droge Crystal Meth ins Visier von Ermittlern geriet und in der Folge seine Immunität als Abgeordneter verlor.

Sicher, jeder Fall ist anders. Kinderpornografie wäre ein anderes Vergehen als Drogenmissbrauch. Und vor Alkoholmissbrauch sind gerade Politiker nicht geschützt, wie der Fall des CDU-Außenpolitikers Andreas Schockenhoff gezeigt hat. Sie alle empfinden Druck. Edathy gab seinerzeit an, sein Abgeordnetenmandat wegen Erschöpfungssymptomen zurückzugeben.

Auch Hartmann soll, so heißt es, der Erschöpfung nahe gewesen sein und deshalb zu Crystal Meth gegriffen haben. Die Droge Politik hat ihren ganz eigenen Suchtfaktor. Alle wissen es. Und alle machen mit.

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