Kommentar Armutsbericht: Vorsicht, Statistik!

Mit der Statistik ist das so eine Sache. Für die Experten sind Menschen ja hierzulande von Armut bedroht, wenn sie weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung haben. Was ist aber, wenn sich - wie hierzulande seit Jahren - die Beschäftigten über kräftige Reallohnsteigerungen freuen dürfen?

Was ist, wenn - wie hierzulande seit Jahren - die Hartz-IV-Sätze zwar steigen, aber geringer als die Löhne? Dann steigt zunächst einmal nach den Gesetzen der Statistik der Anteil der Menschen, die von Armut bedroht sind. Tatsächlich aber ist das Elend doch nicht größer geworden.

Denn die Hartz-IV-Sätze werden eben nicht bei Tarifverhandlungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern ausgehandelt, sondern staatlich festgesetzt. Sie bemessen sich an den tatsächlichen materiellen Ansprüchen und an der tatsächlichen Preisentwicklung in Deutschland. Dieses staatlich garantierte Existenzminimum wird vom Verfassungsgericht regelmäßig überprüft. Man kann es auch anders ausdrücken: Die Beschäftigten bekommen in diesen konjunkturell guten Zeiten etwas mehr vom Kuchen ab, und die Hartz-IV-Empfänger nicht. Dies ist aber weder ungerecht noch ein Hinweis auf eine unsolidarische Gesellschaft, die ihre "Armen" vergisst oder vernachlässigt.

Wenn die Wirtschaft irgendwann einmal wieder schlechter läuft, ist durchaus denkbar, dass die Beschäftigten Lohneinbußen hinnehmen müssen, während Hartz-IV-Empfänger mehr Geld bekommen, weil die Preise gestiegen sind.

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