Kommentar Artenvielfalt - Die Frau vom Hirsch

Die neue Umweltministerin will sich nicht mit dem Wolf im Arm ablichten lassen. Eine gute Nachricht. Der Rest wird schwierig, weil die sogenannten Sachzwänge, von der Politik gefördert, eben verstärkt Intensiv-Landschaft und Bodenversiegelung hervorbringen. Und Monokulturen und Asphalt oder Beton sind - naturgemäß - keine Freunde der Artenvielfalt.

Der Zustandsbericht über das Leben fernab von Bruttoinlandsprodukt und Wirtschaftswachstum enthält weitgehend nur schlechte Nachrichten. Fast jede dritte Tierart sei bedroht, heißt es. Bei den Pflanzen sieht es nicht viel besser aus.

Zurzeit ist die deutsche Gesellschaft noch in der Lage, überhaupt zu ermitteln, welche Art schwächelt und welche gedeiht, weil das wissende Personal noch lebt. Die heißen Taxonomen und gehören zur Disziplin Biologie. Doch die Arten-Kundigen stehen längst selbst auf der Roten Liste.

Das Durchschnittsalter der Schmetterlings-Experten liegt bei über 70. An Deutschlands Universitäten verflüchtigt sich indes taxonomische Kompetenz, weil einfach die Stellen fehlen. Damit kann altes Wissen nicht konserviert und neues Wissen kaum integriert werden. Das ist weltweit ein Problem: Jeden Tag sterben Arten, die noch gar nicht entdeckt waren. Erst rund ein Zehntel der weltweiten Vielfalt sind schätzungsweise erfasst.

Der globale Mainstream spiegelt sich im Klassenzimmer. Oder beim Waldausflug mit Smartphone. War die Natur früher unheimlich, erscheint sie dem Nachwuchs heute meist fremd. Kühe werden meist in Lila gemalt, und ein Reh ist die Frau vom Hirsch.

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