Kommentar Asylrecht in Europa - Abwehrmauer

"Asyl-Lotterie" nannten die EU-Experten den Flickenteppich der 27 nationalen Regelungen, der bis heute existiert. Er macht die Frage, wo ein Antragsteller die EU betritt und wie er dort behandelt wird, zu einem Glücksfall.

Unterschiedliche Behandlungen und divergierende Standards sind an der Tagesordnung. Die Gründe, die im einen Land zur Anerkennung führen, bringen in einem anderen EU-Land die Abschiebung. Das konnte nicht so bleiben. Was nun beschlossen wurde, ist dennoch kein großer Wurf.

Aber die wichtigsten Unterschiede werden wenigstens harmonisiert. Künftig wird ein Asylant in Dänemark genauso behandelt wie in Spanien. Das eigentliche Problem der harmonisierten Vorschriften liegt an anderer Stelle. Es ging den meisten Mitgliedstaaten nicht darum, das Asylrecht auszugestalten. Man wollte unter allen Umständen abschrecken.

Das mag angesichts der hohen Zuwanderer-Zahlen beispielsweise während des arabischen Frühlings verständlich sein. Aber obwohl die rechtlichen Formulierungen durchaus einen humanen Umgang mit jedem einzelnen Flüchtling versprechen, bekommt das Gesamtwerk den Eindruck einer Abwehrmauer. Natürlich ist das Asylrecht kein Instrument, die Wunden von Armut und Folter in den unterentwickelten Staaten zu bekämpfen. Dazu braucht man Entwicklungszusammenarbeit, Wirtschaftshilfe, politischen Druck, der zu einem demokratischen Umschwung führt.

Trotzdem ist das beschlossene Paket besser als sein Ruf. Es beseitigt Unmenschlichkeiten, beispielsweise für Kinder und für Folteropfer.

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