Kommentar Athener Chaos

Europa wirkt wie gelähmt. Am Tag fünf nach der Griechenland-Wahl hatte man sich regelrecht gerüstet für die absehbare Schlacht mit dem neuen Mann in Athen.

Parlamentspräsident Martin Schulz wusste schon vor seinem Treffen mit Alexis Tsipras, dass er Tacheles reden werde und "keinen Bock" auf Ideologie hatte. Was wie der Sturm der 27 Aufrechten auf die Akropolis wirkt, ist die Quittung für die Unprofessionalität der neuen hellenischen Führung, die sich nur langsam von ihren Wahlkampf-Slogans trennen kann.

Erst gestern ruderte Tsipras in der Russland-Sanktionsfrage ein wenig zurück. Was in der Union als außenpolitischer Schwenk Richtung Moskau interpretiert wurde, sei nur die Kritik an der Fußnote einer offiziellen Stellungnahme gewesen. Dann legte sein Außenminister wieder nach und machte unmissverständlich klar, man werde verschärfte Strafmaßnahmen mit einem Veto stoppen. Auch wenn Tsipras neu im Amt ist - was hätte es Wichtigeres gegeben, als erste überlegte Signale an die zu senden, mit denen er über die Zukunft seines Landes verhandeln will?

Die Aufgeregtheit in den übrigen 27 EU-Hauptstädten schadet Griechenland. Aber sie wurde und wird in Athen gezüchtet. Man hätte sich gewünscht, dass die Polemik im Vorfeld des Urnengangs schneller in politische Nüchternheit umgeschlagen wäre - um Freunde und Verbündete, die die Hellenen gerade jetzt brauchen, nicht zu verprellen. Wenn Tsipras seine europäischen Partner nicht restlos verlieren will, muss er schnell Vertrauen schaffen.

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