Kommentar Ausbeutung - Null Toleranz

Billiglöhne sind schon schlimm genug. Aber das, was die Experten der EU-Grundwerteagentur zusammengetragen haben, fällt unter die Rubrik "kriminell".

Mitten in Europa werden Menschen als Sklaven gehalten, werden nahezu alle Schutzstandards, die selbstverständlich sein sollten, rüde gebrochen. Aber der eigentliche Skandal ist die Erkenntnis, dass es offenbar nur unklare Zuständigkeiten der Behörden gibt, so dass Freiräume entstehen, die Unternehmen ausnutzen, um im Wettbewerb die Nase vorn zu haben.

Das Papier der EU-Agentur rüttelt auf. Es darf nicht ohne Konsequenzen bleiben. Für die meisten Verstöße gibt es längst geltende Gesetze, deren Einhaltung man prüfen kann. Aber tatsächlich bedarf es wohl noch weit mehr europäischer Zusammenarbeit, um das Netzwerk aus Menschenhändlern, Schleusern und Opfern aufzudecken und zu enttarnen.

Das ist keine Sache, die in Europas "Hauptstadt" Brüssel initiiert und gelöst werden muss. Die Kontrolle des Arbeitsmarktes gehört in die Verantwortung der Mitgliedstaaten. Sie können es angehen, wenn sie nur wollen.

Für Deutschland und die übrigen EU-Staaten bedeutet dieser Bericht eine schallende Ohrfeige. Während sich die Politik und die Gewerkschaften um den Mindestlohn streiten, gibt es tatsächlich Menschen, die für 8,50 Euro mehr als einen ganzen Tag arbeiten müssen.

Der Ruf nach "null Toleranz" gegenüber solchen Praktiken ist richtig. Aber genau genommen entlarvt er die Lücken in unserer Sozialpolitik, die nur deshalb entstehen, weil zu wenig kontrolliert wird.

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