Kommentar zu deutsch-türkischen Wählern Autoritäre Versuchung
Meinung | Düsseldorf · Was bewegt Menschen dazu, einen autoritären Politiker in ihrem Herkunftsland zu wählen, obwohl sie in ihrer neuen Heimat gut integriert sind? Man kann den Bogen noch weiter spannen. Auch die Ostdeutschen haben einen wirtschaftlichen Aufschwung erlebt und genießen nie gekannte Freiheiten und Möglichkeiten, wählen aber trotzdem zu gut einem Viertel die AfD.
Fußballprofis sind gewöhnlich eher unpolitisch. Umso mehr Aufmerksamkeit erregten Mesut Özil und Ilkay Gündogan, als sie gemeinsam mit dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan ihre Trikots präsentierten. Zwei Führungsspieler der deutschen Nationalmannschaft, perfekt integriert, mit Top-Gehältern, stellen sich in den Dienst eines ausländischen Autokraten. Nur die türkische Herkunft verbindet sie mit Erdogan. Während Gündogan sich später distanzierte, machte Özil noch im jüngsten Wahlkampf Werbung für den Staatschef. Ein bisschen so geht es vielen deutsch-türkischen Wählern bei der jüngsten Präsidentenwahl. Zu zwei Dritteln gaben sie dem Amtsinhaber ihre Stimme, obwohl der die Meinungsfreiheit beschneidet, Minderheiten unterdrückt, Justiz und Medien beherrscht und seine politischen Gegner ins Gefängnis wirft. In Deutschland können diese Wähler ihre Freiheiten voll ausleben.