Banken in der Krise: Zeit ist Geld

In der globalen Finanz- und Staatsschuldenkrise geht von den Banken nach wie vor eine große Gefahr aus.

Fast täglich kommen Hiobsbotschaften aus der Branche. Erst gestern mussten die deutschen Sparkassen eine Abschreibung von fast einer Milliarde Euro auf die Landesbank Berlin bekannt geben.

Meldungen, die Commerzbank benötige fünf Milliarden Euro, um die Eigenkapitalanforderungen der EU zu erfüllen, drückten den Aktienkurs der Großbank vor wenigen Tagen auf nur noch gut einen Euro, knapp über Ramschniveau. Kippt wieder einmal der ganze Sektor?

Tatsache ist: Die Banken gehören zu den größten Gläubigern der Staaten. Die Branche hält öffentliche Anleihen im Wert von vielen hundert Milliarden Euro. Drohen Zahlungsausfälle, beschert das den Häusern Verluste; allein die Bonner Postbank musste bisher auf marode Griechenland-Papiere mehr als eine halbe Milliarde Euro in den Wind schreiben.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Branche schon zuvor schwer angeschlagen war. Die Folgen der US-Subprime-Krise sind längst nicht verdaut. So scheint es nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis einzelne Institute erneut nach Staatshilfe rufen.

Doch es gibt auch Hoffnung: Die internationalen Notenbanken, wichtigste Stützen des globalen Finanzsystems, haben aus der Subprime-Krise gelernt. Europa, Asien und die USA sind besser vernetzt als je zuvor und ziehen an einem Strang.

Erst Mittwoch kündigten die Zentralbanken in einer gemeinsamen Aktion den Finanzmärkten eine billigere Versorgung mit US-Dollar an. Die Börsen feierten das mit Kursgewinnen. Gestern lenkte auch die EU-Kommission ein: Wenn Geldhäuser künftig Staatshilfe in Anspruch nehmen - was den Subventionstatbestand erfüllt -, sollen die Auflagen für einen Umbau des betreffenden Instituts milde bleiben, kündigte Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia an.

Dabei ist nahezu unbestritten, dass der Finanzsektor künftig schärfer reguliert werden muss. Boni- und Spekulationsexzesse soll es so nicht mehr geben. Aber der Weg zu international abgestimmten Maßnahmen ist mühsam. Wenn eine nur nationale oder europaweite Finanztransaktionssteuer bloß die Kleinaktionäre träfe, hätte sie ihr eigentliches Ziel verfehlt.

Festzuhalten ist, dass es trotz der gewaltigen Belastungen aus der Schuldenkrise bisher keinen zweiten Fall Lehman gibt. So falsch kann der Weg der pragmatischen kleinen Schritte, den die Staatengemeinschaft und die Notenbanken gehen, also nicht sein.

Alle haben offenbar gelernt, wie wichtig es ist, auf Zeit zu spielen. Zeit, die die Staaten brauchen, um ihre Haushalte zu sanieren. Zeit, die auch die Banken brauchen, um die Verluste zu verdauen und neues Kapital zu bilden. Zeit, die nötig ist, damit sich auf den Märkten wieder Vertrauen bildet.

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