Kommentar zum Bluttest auf Trisomie Bedrückendes Signal

Schwangere ab Ende nächsten Jahres auch mit einem risikoarmen Bluttest auf Rezept feststellen können, ob ihr Kind ein Down-Syndrom aufweist. Damit wird ein bedrückendes Signal ausgesendet, findet GA-Korrespondent Gregor Mayntz.

 Den Trisomie-Test gibt es künftig auf Rezept.

Den Trisomie-Test gibt es künftig auf Rezept.

Foto: dpa/Bernd Thissen

Machen wir uns beim künftig möglichen Down-Test auf Rezept nichts vor: Dass Frauen nicht mehr nur den riskanten Fruchtwassertest als Kassenleistung bekommen sollen, sondern auch den risikoarmen Bluttest, ist als Argument nicht falsch, aber es erfasst nur die Oberfläche. Tatsächlich macht diese Gesellschaft die Tür zu durchdesignten Babys wieder ein Stück mehr auf. Und das bedeutet im Umkehrschluss, dass wir uns der Frage nähern, welches Leben unerwünscht sein soll.

Die Fortschritte in der Medizin und Molekularbiologie lassen bald auch weitere mögliche Eigenschaften des ungeborenen Lebens sichtbar werden. Mit der Entscheidung für die Kostenübernahme zur Feststellung des Down-Syndroms durch die Versichertengemeinschaft wird ein bedrückendes Signal ausgesendet: Menschen mit besonderen Charaktereigenschaften kommen auf eine Liste mit Krankheiten, die zu beseitigen die Kassen unterstützen. Damit begibt sich die Gesellschaft in eine verheerende Spirale, die zwischen vermeintlich "normalem" und geschütztem Leben und angeblich "krankem" und nicht mehr zu schützendem Leben zu unterscheiden beginnt.

Eltern von Kindern mit Downsyndrom können von vielen beglückenden Erfahrungen berichten. Berufstätige wissen von Kollegen mit Downsyndrom, dass diese über besondere Begabungen verfügen. Und doch leistet die Entscheidung zum Bluttest auf Rezept einer gesellschaftlichen Entwicklung Vorschub, bei der Eltern von solch besonders begabten Menschen direkt oder indirekt Vorhaltungen gemacht werden, dass "so was" angesichts der Testmöglichkeiten in der Schwangerschaft "ja nun wirklich nicht mehr sein muss". Wenn die Erfahrungen in anderen Ländern nachweisen, dass neun von zehn positiven Down-Tests eine Entscheidung zur Abtreibung nach sich ziehen, dann stellt das ein erschütterndes Zeugnis über den Umgang mit dem Lebensrecht aller Menschen aus.

Es kommt nun auf den Bundestag an, in dieser ethisch hochwichtigen Frage nachträglich, aber gerade noch rechtzeitig vor der Wirksamkeit der Kommissionsentscheidung Ende nächsten Jahres kraftvolle Begrenzungspfähle einzurammen. Die Konturen des Weges müssen noch klarer werden, auf dem diese Gesellschaft sowohl mit berechtigten Gesundheitsinteressen von Schwangeren als auch mit dem Lebensrecht von Ungeborenen umgehen soll. Und welche Rolle dabei der Umstand von Behinderungen oder besonderen Begabungen spielen darf: keine.

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