Beklemmend

In Afghanistan wird so viel gestorben wie lange nicht mehr. Mehr als 10 000 Soldaten und rund 5000 Zivilisten wurden getötet oder verletzt, seit die Nato dem Hindukusch Ende 2014 weitgehend den Rücken kehrte und aufgeblähte, aber unzureichend ausgerüstete Sicherheitskräfte zurückließ. Das Land wankt. Aber es kippt noch nicht.

Wenn die Talibanmilizen innerhalb eines Tages drei Mal ungestört in Kabul zuschlagen können, nützen freilich alle Versicherungen wenig, 80 Prozent aller geplanten Attentate würden schon bei der Vorbereitung vereitelt. Bei Kabuls Bewohnern regen sich Zweifel, ob die Regierung sie schützen kann.

Das ist acht Monate nach dem weitgehenden Abzug der Nato eine beklemmende Entwicklung. Es ist tatsächlich nicht damit getan, die Attentate als Muskelspiel des neuen Taliban-Chefs Mullah Mansur herunterzureden.

Denn derart aufwendige Aktionen werden Monate im Voraus mit Unterstützung auch hoher pakistanischer Kreise geplant und vorbereitet. Die Anschläge zeigen vielmehr, dass die radikalislamischen Milizen gewillt sind, jede Schwäche der Regierung in Kabul zu nutzen.

Präsident Ashraf Ghani muss achtgeben, dass seine Verhandlungsdelegierten nicht bald als bejammernswerte Underdogs am Verhandlungstisch sitzen. Er trägt freilich ebenso wenig die alleinige Schuld wie die abgezogenen westlichen Streitkräfte. Afghanistans Armee ist ziemlich führungslos, weil das Parlament bislang noch jeden Kandidaten Ghanis als Verteidigungsminister abgelehnt hat.

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