Kommentar Branchen im Umbruch - Die Internet-Revolution

Vier Milliarden Menschen werden in wenigen Jahren weltweit das Internet nutzen. Wie werden diese Menschen leben und arbeiten? Werden sie noch Taxi fahren? Oder mit dem US-Fahrdienst Uber? Werden sie noch Zeitung lesen und fernsehen? Oder genügen Facebook und Twitter? Wo werden sie einkaufen? Im Geschäft nebenan oder bei Amazon und Ebay?

Ob Handel, Medien, Verkehr oder Tourismus - Experten erwarten, dass viele Branchen bald nicht mehr wiederzuerkennen sein werden. Die Veränderungen von Wirtschaft und Gesellschaft durch das Internet sind so gravierend wie jene beim Übergang von der Agrar- zur Industriegesellschaft. Und die Umwälzung vollzieht sich mit atemberaubender Geschwindigkeit.

In der digitalen Welt ist man überall dabei. Das ist ihr großes Nutzenversprechen. Vielleicht nicht mehr lange, und Google liefert das gesamte Geschehen auf dem Globus live aufs Smartphone, Facebook die dazu passende aktuelle Befindlichkeit des größten Teils der Menschheit. Ziel ist totale Transparenz: Was und wer sich gerade wo befindet und sich wie verhält. Das macht unzählige neue Geschäfte möglich.

Einen ganz anderen Individualverkehr beispielsweise. Die Ambitionen des US-Taxidienstes Uber und das plötzliche Engagement der deutschen Autokonzerne fürs Carsharing markieren nur den Anfang. Wenn sich Millionen Menschen im Internet in Echtzeit über ihre Fahrtziele austauschen können, werden mehr und mehr gemeinsam fahren.

Und clevere Apps werden das und die Spritbeteiligung und Versicherung der Mitfahrer organisieren. Nicht nur in Autos sind oft viele Plätze ungenutzt; genauso Zimmer in Wohnungen. Auch hierfür gibt es schon Anbieter. Teilen lautet eines der Zauberwörter in der digitalen Wirtschaftswelt.

Das Internet öffnet so neue Zugänge zu Mobilität, zu Bildung und Eigentum. Der potenziell gewaltige Nutzen- und Effizienzgewinn drückt über nationale Grenzen und stellt Regelungen infrage: Das deutsche Personenbeförderungsgesetz - ist das überhaupt noch zeitgemäß?

Das universale Effizienz- und Transparenzversprechen macht aber auch vielen Menschen Angst. Nicht nur den Taxifahrern. Wer besitzt welche Daten und welche Macht kann er damit ausüben? Was ist mit denen, die trotz aller Anstrengungen zur Selbstoptimierung nicht mithalten? Dem Effizienzgewinn steht immer auch ein Effizienzdruck gegenüber, dem Tempogewinn ein Tempodruck.

Computer oder Handy stetig präsent bei der Arbeit, zu Hause, auf der Straße, im Bus, im Auto, im Café: Der Mensch als bloßer Servomechanismus digitaler Geräte. Moderne Zeiten? Charlie Chaplin würde heute wohl nicht die Arbeit mit Schraubenschlüsseln am Fließband imitieren, sondern seine Daumen übers Handydisplay zucken lassen.

Ein Fortschritt?

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