Leitartikel Bundespräsident Gauck in Bonn - Willkommen am Rhein

Bundespräsident Joachim Gauck hat in seiner bisherigen Amtszeit an vielen verschiedenen Orten bei vielen Gelegenheiten die richtigen Worte gefunden und sein Gespür für zum Teil überraschende, allemal überzeugende Gesten bewiesen.

Von Montag an hat er wieder Gelegenheit dazu: Der Bundespräsident verbringt die Woche bis Donnerstag an seinem zweiten Dienstsitz in Bonn und wird die Stadt und die Region besuchen, auch sein Antrittsbesuch in Rheinland-Pfalz ist vorgesehen.

Der mehrtägige Aufenthalt an sich ist schon ein Bekenntnis für die Bundesstadt Bonn, der Eintrag ins Goldene Buch dokumentiert dies ebenso wie die Stationen der kommenden Tage - unter anderem im Haus der Geschichte, im Beethoven-Haus und im Adenauer-Haus in Rhöndorf.

Joachim Gauck wird auf sehr viele Menschen treffen, die ihn mit offenen Armen empfangen und sich über seine Anwesenheit freuen. Er wird aber auch auf Menschen treffen, die ihm in den Gesprächen über die Zukunft von Bonn und der Region ihre Besorgnis darüber kundtun, wie in einigen Ministerien in Berlin stetig versucht wird, das Berlin/Bonn-Gesetz über die faire Arbeitsteilung zwischen den beiden Städten auszuhöhlen.

Erst vor wenigen Tagen hatte der Berliner Staats- und Verwaltungsrechtler Markus Heintzen in einem Gutachten festgestellt, dass die Verlagerung von immer mehr ministeriellen Arbeitsplätzen nach Berlin rechtswidrig sei. Wenn aber Ministerien zu Lasten Bonns gegen Gesetze verstoßen, ist das sicherlich ein Thema, mit dem sich Joachim Gauck befassen wird.

Vor dem Hintergrund würden sich die Menschen über ein klares Bekenntnis des Bundespräsidenten zum Berlin/Bonn-Gesetz und zur weiterhin wichtigen Rolle Bonns und der Region freuen. Auch einige Gedanken zum Thema Föderalismus versus Berliner Zentralismus wären mehr als eine freundliche Geste, sondern Worte mit politischer Tragweite.

Andererseits sollte es in diesen Tagen nicht nur um Sorgen oder Nöte gehen. Joachim Gauck kommt in eine Stadt, die den Strukturwandel erfolgreich vollzogen hat und sich mit Blick auf Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft und Lebensqualität selbstbewusst und aufgeschlossen präsentieren kann. Das weiß natürlich auch Gauck, der sich schon vor seiner Amtszeit regelmäßig in Bonn aufhielt und dabei häufig die Bedeutung Bonns in der Vergangenheit und für die Zukunft hervorhob.

Insofern steht Gauck ein Aufenthalt bevor, auf den er sich trotz des Berlin-Bonn-Streits freuen kann. Und die Menschen hier werden einen Bundespräsidenten erleben, der seine Amtszeit bisher auch deshalb erfolgreich gestaltete, weil er sich die Bodenhaftung sowie die Offenheit gegenüber anderen Meinungen und Sichtweisen bewahrt hat. Das wird sich auch in diesen Tagen bewähren.

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