Kommentar zur Impfpflicht gegen Masern Das kleinere Übel
Meinung | Bonn · Immer noch infizieren sich in Deutschland zu viele Menschen mit Masern, der Krankheitsverlauf kann tödlich enden. Das sollte jeden wachrütteln, den eigenen Impfschutz und den seiner Kinder zu überprüfen, kommentiert Jan Drebes.
Wer sein Kind nicht impfen lässt, obwohl keine medizinischen Gründe dagegen sprechen, verhält sich der Gesellschaft gegenüber unsozial. Immer noch infizieren sich in Deutschland zu viele Menschen mit Masern, der Krankheitsverlauf kann tödlich enden. Das sollte jeden wachrütteln, den eigenen Impfschutz und den seiner Kinder zu überprüfen.
Doch auch wenn die Impfbereitschaft insgesamt gestiegen ist: Die nackten Zahlen zur Impfquote bescheinigen einen nicht ausreichenden Schutz vor Masern. Deswegen ist es gut, dass die Nachweispflicht für den Impfschutz im nächsten Jahr kommen wird. Sicher, es handelt sich dabei um einen nicht unerheblichen Eingriff in die Grundrechte. Staatlich angeordneter Zwang – um nichts anderes geht es hier, schließlich herrscht Schulpflicht – ist grundsätzlich kritisch zu sehen. Doch in der Abwägung mit den Gefahren für die Gesellschaft insgesamt und für besonders schutzbedürftige Personen wie Säuglinge im Speziellen ist dieser Eingriff das kleinere Übel. Denn in Deutschland müsste niemand mehr an einer Krankheit leiden, die längst hätte ausgerottet sein können.
Das neue Gesetz greift damit an den wahren Ursachen für die noch zu geringe Impfquote ein: Bequemlichkeit der Versicherten, schlechtes Terminmanagement, verlorengegangene Impfpässe. Es sind gar nicht mal die unverbesserlichen Impfgegner, die die Quote niedrig halten. Das Gesetz bringt die breite Masse dazu, sich mit dem Impfschutz auseinander zu setzen. Gut so! Allerdings müssen die Zahlen beobachtet werden. Denn, das haben Wissenschaftlicher untersucht, kann eine solche Pflicht auch kontraproduktive Effekte haben, indem sich Gegner in höherem Alter gegen das Impfen sträuben. Dann hätte das Gesetz sein Ziel verfehlt.