Kommentar Das Berlusconi-Urteil - Die Ehre der Justiz

Es gibt noch Richter in Italien. Alle Tricks, die Silvio Berlusconi angewendet hat, um der Justiz zu entkommen, haben ihn am Ende nicht vor einer rechtskräftigen Verurteilung bewahren können.

So sehr er Gesetze manipuliert hat: Am Ende gelten die Normen des Rechtsstaates auch für ihn. Das wurde gestern in Rom wenigstens anhand eines kleinen Teils der gegen ihn erhobenen Vorwürfe bewiesen. Und dieser Beweis ist wichtiger als die Frage, ob Berlusconi wirklich hinter Gitter kommt.

Man denke an den 2000 verstorbenen Sozialisten Bettino Craxi. Der hat keinen Tag der gegen ihn verhängten 28 Jahre Haft im Gefängnis verbracht, und doch hat seine Verurteilung Italien erschüttert. Allerdings, welch ein Unterschied zu heute!

Die Ermittlungen gegen Craxi & Co. in den 1990er Jahren brachten das alte italienische Parteiensystem zum Einsturz - und ermöglichten zynischerweise Berlusconis Aufstieg.

Heute zittern bürgerliche und linke Politiker, dass Berlusconis Leute das Regierungsbündnis wegen des Urteils nicht platzen lassen. Unglaublich: Ein rechtskräftig verurteilter Krimineller zieht in der Politik die Fäden - in einem Kernland der EU, in dem es freilich Tradition hat, den Staat zur Beute zu machen.

Seine Machtstellung verdankt Berlusconi aber nicht nur seiner Gerissenheit, sondern auch dem Versagen seiner Gegner. Der vielen Anständigen, die an ihrem chaotischen Parteienbündnis gescheitert sind - und an sich selbst. Richter können das nicht ausbügeln. Sie können nur die Ehre der Justiz retten.

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