Kommentar Das Erbe der Bombe

GENF · Vor genau 70 Jahren, am 6. August 1945, warfen die USA eine Atombombe auf die japanische Stadt Hiroshima. Kurz darauf, am 9. August, fiel eine weitere Atombombe auf Nagasaki. Die meisten Opfer der fürchterlichen Waffen waren Zivilisten.

 Bis heute müssen Überlebende der Massaker behandelt werden.

Bis heute müssen Überlebende der Massaker behandelt werden.

Foto: dpa

Bis heute müssen Überlebende der Massaker behandelt werden. Bis heute beharren US-Regierungen darauf, dass die beiden bislang einzigen Einsätze von Atombomben in einem Konflikt notwendig waren. Die USA hätten den Krieg gegen den Aggressor Japan verkürzt - und amerikanische Menschenleben gerettet.

Die Taten liegen lange zurück, doch bis heute gilt: Der Einsatz von Atombomben darf sich nie wiederholen. Jeder Gebrauch der Waffen birgt das Risiko einer Eskalation, an deren Ende große Teile der Menschheit vernichtet sein könnten. Hiroshima und Nagasaki müssen Einzelfälle bleiben.

Atomschläge bleiben jedoch möglich. Je mehr Konflikte in der Welt toben, desto größer ist die Gefahr, dass Nuklearwaffenstaaten darin verwickelt werden. Ein Missverständnis reicht für eine Kettenreaktion. Für Atommächte wie die USA, Russland, Israel und Pakistan ist der Gebrauch der todbringenden Waffen eine strategische Option.

Und die Waffen existieren im Überfluss: Neun Staaten verfügen über knapp 16.000 nukleare Sprengköpfe, knapp 5000 sind einsatzbereit. Zu viele Wissenschaftler und Techniker wissen, wie man die Bombe baut. Zu groß ist die Versuchung für viele Regierungen, in den Kreis der Atommächte aufzusteigen. Als letzter Staat hat sich Nordkorea hineingedrängt. Experten schätzen das Arsenal des Diktators Kim auf sechs bis acht Bomben - noch sind sie nicht einsatzbereit.

Der Bau einer Bombe durch den Iran ist nicht für immer ausgeschlossen - die im Juli erzielte Übereinkunft kann die Konstruktion nuklearer Waffen auf Geheiß Teherans bestenfalls um Jahre hinauszögern. Ebenso wie Staaten sind Terroristen bestrebt, sich die Waffen zu verschaffen. Ein nuklearer Angriff von Fanatikern auf eine Metropole wie New York hätte verheerende Wirkungen.

Das internationale Vertrags-Regime zur Eindämmung der Waffen bietet keine ausreichende Sicherheit. Der Atomwaffensperrvertrag von 1970 sieht vor, dass die fünf offiziellen Nuklearmächte ihre Arsenale komplett abschaffen. Doch die USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien scheren sich nicht darum. Der Vertrag über einen Teststopp wurde 1996 verabschiedet - er ist bis heute nicht in Kraft getreten.

Internationale Verhandlungen über einen Produktionsstopp für spaltbares Material haben nie ernsthaft begonnen. Und die Bestrebungen, mittels einer internationalen Konvention die Nuklearwaffen zu ächten, laufen ins Leere. Die Atommächte wollen sich die Bombe nicht verbieten lassen. Es scheint, als habe die Welt aus den Katastrophen von Hiroshima und Nagasaki nichts gelernt.

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