Kommentar Das Urteil zum Euro-Rettungsschirm - Im Namen des Budgets

Juni 2012. Angela Merkel verhandelt in Brüssel über den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM und über den Fiskalpakt mit strengen Verschuldungsregeln. 500 Milliarden Euro hat der Rettungsschirm insgesamt, 190 Milliarden Euro ist der deutsche Anteil am Stammkapital.

Italien und Spanien dringen auf einen direkten Zugriff ihrer in Not geratenen Banken auf den Europäischen Stabilitätsmechanismus, kurz: ESM. Die Kanzlerin ist unter Druck. Der Bundestag ebenfalls. Das deutsche Parlament soll 26 Stunden, bevor der ESM am 1. Juli 2012 in Kraft tritt, grünes Licht geben. Parlamentarier klagen daraufhin in Karlsruhe, weil sie die Haushaltsautonomie des Bundestages ausgehebelt sehen.

Nach langen Monaten und einer zuvor bereits ergangenen Eilentscheidung des Bundesverfassungsgerichtes im vergangenen Spätsommer steht seit gestern höchstrichterlich fest: Trotz der mit der Zustimmung der Bundesregierung zum ESM eingegangenen Verpflichtungen bleiben die Haushaltsrechte des Bundestages gewahrt, und zwar hinreichend.

Die Kläger, die eine Bevormundung des Bundestages durch bereits zuvor getroffene Entscheidungen ihrer Bundesregierung in Brüssel monieren, müssen zur Kenntnis nehmen: Die Regierung handelt(e) verfassungskonform, weil sie nicht gegen das Demokratiegebot verstieß.

Demnach ist und bleibt der Bundestag der Ort, an dem in diesem Fall über die deutschen Zustimmungsgesetze zum ESM in eigener Verantwortung über Einnahmen und Ausgaben entschieden wird. Die Bundesregierung hat, so das Gericht, das Parlament nicht übergangenen, selbst wenn der Bundestag unter allerhöchstem Zeitdruck über ein Ja oder Nein zu dem Rettungsschirm zu entscheiden hatte.

Doch wie häufig, wenn das Bundesverfassungsgericht über Streitfälle der Politik befinden muss, geben die Richter der Regierung auch Hausaufgaben mit auf den Weg. Die Bundesregierung darf auch im Falle des ESM Geld nicht nach Belieben ausgeben. Auch dieser Hinweis soll das Budgetrecht des Bundestages stärken. Die Regierung muss dem Parlament Prognosen für das jeweils kommende Haushaltsjahr liefern, ob und in welcher Höhe der ESM weiter mit Geld bedient werden muss. Ein Aufblähen der deutschen Haftungssumme ist so nicht ohne weiteres möglich.

Ob der ESM politisch falsch ist, wie Kritiker des Euro-Rettungskurses reklamieren, hat das Bundesverfassungsgericht nicht entschieden. Die Bundesregierung kann nach diesem Urteil für Deutschland als stärkster Volkswirtschaft in Europa ihren Kurs der Euro-Stabilisierung fortsetzen. Niemand hatte in Europa eine Blaupause für eine Staatsschuldenkrise dieses Ausmaßes. Es ist ein wenig wie im Nebel. Man muss sich vortasten und betritt dabei auch Grauzonen. Zumindest juristisch ist der Fall jetzt klar.

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