Kommentar zum Sommerurlaub 2020 Das Virus reist mit

Meinung | Berlin · Läuft alles nach Plan, öffnen die europäischen Grenzen pünktlich vor Haupt-Urlaubssaison. Wer jubelt, dass er doch nach Griechenland, Kroatien, Spanien oder Italien fahren darf, muss wissen, dass die Gefahr mitreist, kommentiert unser Autor.

 Urlauber in Griechenland dicht an dicht. Szenen wie diese wird man 2020 vermutlich nicht sehen.

Urlauber in Griechenland dicht an dicht. Szenen wie diese wird man 2020 vermutlich nicht sehen.

Foto: dpa/Santi Palacios

Der Reiseweltmeister darf in einigen Wochen wohl wieder in die Sonne, an den Strand, in den Urlaub im Ausland. Unter strengen Bedingungen und Voraussetzungen. Noch gibt es keinen Starttermin, doch Außenminister Heiko Maas hat den Deutschen zu Wochenbeginn ein Stück Hoffnung zurückgegeben. Ein Stück Hoffnung auf Normalität, etwas Hoffnung darauf, dass die schönsten Wochen des Jahres eventuell doch noch irgendwie gerettet werden können. Doch diese Hoffnung ist trügerisch. Dieser Sommerurlaub 2020 wird, jedenfalls für alle, die ins Ausland reisen können und wollen, ein Urlaub im Ausnahmezustand sein. Und somit auch nur sehr bedingt eine leichte, fröhliche und unbeschwerte Zeit. Nichts ist, wie es war. Daran hat sich auch in dieser ersten Phase der Lockerungen nicht viel geändert. Auslandsurlaub in Corona-Zeiten bedeutet allenfalls eine Auszeit vom Arbeits- und Home-Office-Alltag – in ständiger Wachsamkeit.

Wer jubelt, dass er in diesem Sommer doch nach Griechenland, Kroatien, Spanien oder Italien fahren darf, muss wissen, dass die Gefahr mitreist. Und die ist größer als bei einem Urlaub auf Balkonien oder in der heimischen Region. Wenn Regierungen wichtiger Gastgeberländer demnächst ihre Grenzen wieder für Urlauber auch aus Deutschland öffnen, erhöhen sie damit auch die Reisebewegungen in Europa. Doch das Virus kennt weder Feiertage oder Grenzen noch macht es gar Urlaub. Es ist da, es ist weiter hoch ansteckend und das wieder freie Reisen erhöht die Gefahr einer zweiten Infektionswelle. Weiter ist die Welt erst am Anfang dieser Pandemie. Die schönsten Wochen des Jahres könnten somit die schlimmsten Wochen des Jahres nach sich ziehen. Ischgl gibt es unter anderem Namen auch im Sommer.

Natürlich stehen auch im Tourismussektor Milliardeneinnahmen auf dem Spiel. Doch Urlaub zwischen Plexiglasscheiben am Strand oder in Restaurants wird zu einem Urlaub von Vorschriften und Abstand. Ein einziger Corona-Fall auf einer Fähre nach Korsika oder Sardinien genügt für Quarantäne-Wochen auf der Urlaubsinsel. Das muss man wissen, bevor man losfährt. Niemand soll nachher sagen, er hätte es nicht gewusst. 2020 ist ein Ausnahmejahr, ein sehr ernstes Jahr und einfach keine Saison unbeschwerten Vergnügens. Vielleicht reicht zum Trost die Gewissheit, dass auch die leichten Tage wieder kommen werden. Aber das wird noch dauern. Wir brauchen Geduld.