Kommentar Der Erpressungsversuch Steinbrück - Tabu gebrochen

Nein, die Ehre und seinen Schneid lässt sich Peer Steinbrück von niemandem abkaufen. Der Herausforderer im Bundestagswahlkampf musste in die Offensive gehen, um zu verhindern, dass die Putzfrauen-Diskussion seinen politischen Plänen nachhaltigen Schaden zufügt.

Dadurch gelang ihm etwas selten Erlebtes: Nicht die Boulevardzeitung stellte den Spitzenpolitiker an den Pranger, sondern Steinbrück den Erpresser mit dem schmierigen Kleinkriminellen-Image. Das spricht für den souveränen Umgang mit der Wahrheit und eine - bei den Sozialdemokraten eher ungewohnt - professionelle Medienarbeit.

Viel politischen Schaden für die SPD dürfte der in der bundesrepublikanischen Geschichte ziemlich einzigartige Versuch der Erpressung eines Kanzlerkandidaten nicht auslösen. 13 Tage vor der Wahl sollte man den Vorgang also nicht überbewerten. Üble Nachrede hat es in den deutschen Wahlkämpfen immer gegeben.

Aber: Sie blieb die absolute Ausnahme. Verglichen mit den Wahlkämpfen in den 70er Jahren, wo die uneheliche Herkunft eines Politikers zur Wahlkampf-Munition wurde, sind die heutigen Wahlkämpfe harmoniegetränkte politische Auseinandersetzungen.

Bis auf den Fall des grünen Ministerpräsidenten Kretschmann, dem politische Gegner im Wahlkampf eine schwere Krankheit andichteten, die ihm in seiner Amtsführung behindern würde, blieben die Wahlkämpfe frei von persönlichen Unterstellungen. Gewiss: Mit dem Fall Steinbrück ist ein Tabu gebrochen worden. Aber der Normalfall sieht unaufgeregter aus.

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