Kommentar Der Fall Bo Xilai - Es riecht ganz oben

Es ist keineswegs so, dass sich der Otto-Normal-Chinese nicht auch vorher schon über die politischen Zustände in seinem Land beklagt hat. Doch die Beschwerden richteten sich zumeist gegen irgendwelche Lokal- und Provinzbehörden oder ab und an auch mal gegen den einen oder anderen Minister oder höheren Parteifunktionär, wenn er denn wirklich Dreck am Stecken hatte.

Bei allzu heftiger Kritik in Richtung Partei- und Regierungsspitze drohte zum einen gleich heftige Strafverfolgung, wird sie doch mit Landesverrat und damit einem Umsturz gleichgesetzt. Zum anderen war die Staatsspitze doch auch irgendwie eine übergeordnete Instanz.

So ganz genau wusste man ohnehin nicht, was sie hinter den hohen Mauern des Regierungsviertels der Verbotenen Stadt in Peking trieb und wofür sie überhaupt stand. Aber alles in allem steuerte sie das riesige Land mit zweistelligen Wachstumsraten und einem enormen Modernisierungsschub zumindest nicht in eine völlig falsche Richtung.

Mit dem Skandal um die Gattin Gu Kailai des Spitzenpolitikers Bo Xilai droht dieses Gerüst nun einzubrechen. Denn der Mord an dem britischen Geschäftsmann, der wahrscheinlich über Jahre hinweg Vermögen der Bo-Familie ins Ausland geschafft hat, legt offen: Selbst die Partei- und Regierungsspitze ist alles andere als frei von Korruption, Selbstbereicherung und kriminellen Machenschaften.

Obwohl heute mit einem harten Urteil gegen Gu zu rechnen ist, hat die Führung in der eigenen Bevölkerung massiv an Glaubwürdigkeit verloren.

Als moralische Instanz fällt sie damit aus.

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