Kommentar zur Palliativmedizin Der letzte Wunsch

Die überwältigende Mehrheit der Deutschen möchte im Alter ihre letzte Lebensphase nicht im Krankenhaus verbringen, angeschlossen an Magensonde und Blasenkatheter, in stickigen Mehrbettzimmern mit flüchtiger Arztvisite. Sie möchten Zuhause sterben. Stattdessen stirbt mehr als jeder Zweite noch immer - im Krankenhaus.

Es fehlt in vielen Bundesländern, auch in NRW, an ausreichenden ambulanten Versorgungsmethoden, an Hospizen oder Palliativstationen, wo Experten die psychischen und körperlichen Lasten der letzten Lebensphase lindern können. Ein etwas besser ausgebautes Netz solcher Einrichtungen könnte jedes Jahr 37 000 Menschen in Deutschland den letzten Wunsch - nämlich nicht in einer Klinik sterben zu müssen - erfüllen.

Gegen das Vorhaben der Abgeordneten, die Palliativmedizin auszubauen, kann kein fühlender Mensch ernsthaft Bedenken haben. Die Stärkung der Hospize ist uneingeschränkt gut. Das Gesetz ist allerdings auch eine Beruhigungspille, die darüber hinwegtäuscht, dass die Grauzonen der Sterbehilfe - und das ist etwas anderes als die Versorgung unheilbar Kranker - bei dieser Gelegenheit nicht klar geregelt werden. Es wird trotz flächendeckender Hilfestellung auch in Zukunft todkranke Senioren geben, die Ärzte um Erlösung bitten, zum Sterben in die Schweiz fahren oder versuchen, sich selbst das Leben zu nehmen - weil sie keine offizielle Sterbehilfe in Deutschland erhalten. Ein mutiges Gesetz würde die Voraussetzung dafür schaffen, dass jeder seine intimste Lebensentscheidung individuell treffen kann.

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