Kommentar Der Lobbyisten-Report - Schwachstellen

Man kann in der Debatte um den Einfluss des Lobbyismus im Parlament viele Vorurteile und Klischees bestätigt finden. Den Bürger muss auch ein Gefühl der tiefen Hilflosigkeit beschleichen, wenn er, beispielsweise, hört, dass ein vergleichsweise durchschnittlicher CDU-Politiker in die hochdotierte Chefetage eines weltumspannenden deutschen Unternehmens katapultiert wird und dabei bis zum letzten Arbeitstag noch die Gesetzgebungsarbeit in der Regierungszentrale koordinieren durfte.

Das hat ebenso ein Geschmäckle wie die Tatsache, dass über Spenden an die Parteien selbstverständlich politische Entscheidungen gesteuert werden können.

Es besteht zwar die Offenlegungspflicht für Nebeneinkünfte von Politikern. Aber damit wird die Unverfrorenheit nicht gedämpft, mit der einige Bundestagsabgeordnete sechs- oder gar siebenstellige Summen an Honoraren kassieren.

Das Gutachten, das "Lobby-Control" gestern vorlegte, bringt diese Kritik auf den Punkt. Mehr aber nicht. Auch aggressiver Lobbyismus ist kein nationales deutsches Phänomen. Wer in den USA einmal mit der Waffenlobby zu tun hatte, weiß, was machtvolle Demonstrationen sind. Und das Lobbyisten-Problem ist kein alleiniges Attribut der christ-liberalen Koalition. Insoweit wirkt der Bericht wie eine verborgene Wahlkampfhilfe für die Opposition.

Es bleibt die grundsätzliche Frage: Sind die Parteien, die alle über Mitglieder- und damit Beitragsschwund klagen, gegen materiell unsittliche Angebote immun? Der neue Bundestag muss sich mit den Konsequenzen der Lobbymacht beschäftigen.

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