Kommentar zum Parteiausschlussverfahren Der Quälgeist Thilo Sarrazin

Meinung | Bonn · Das oberste Parteischiedsgericht der SPD hat den Parteiausschluss des umstrittenen Autors Thilo Sarrazin bestätigt. Wer sich derart gegen Ziele und Politik der eigenen Partei stellt, hat dort wirklich nichts mehr zu suchen, kommentiert Holger Möhle.

   Mit Mund- und Nasenschutzmaske steht Thilo Sarrazin im Atrium des Willy-Brandt-Haus neben der Statue von Willy Brandt und wartet auf den Beginn der Verhandlung.

Mit Mund- und Nasenschutzmaske steht Thilo Sarrazin im Atrium des Willy-Brandt-Haus neben der Statue von Willy Brandt und wartet auf den Beginn der Verhandlung.

Foto: dpa/Wolfgang Kumm

Ein Mann sucht sein Recht. Eine Partei sucht ihr Recht. Eine Politehe ist am Ende. Das Problem: Einer von beiden will nicht gehen. Seit zehn Jahren versucht die SPD, Thilo Sarrazin loszuwerden. Seit zehn Jahren schafft sie es nicht, weil ihr prominenter Quer- und Rechtsdenker die deutsche Sozialdemokratie um keinen Preis verlassen will. Es ist ja auch zu schön, mit populistischen Thesen, die etwas zu rechts angehaucht sind, eine Partei zu ärgern, für die der Schutz von Flüchtlingen oder das Miteinander von Kulturen auch im eigenen Land politisches Selbstverständnis ist.

Der langjährige Berliner Finanzsenator eckt zuverlässig und mit einiger Wucht durch islamkritische bis islamfeindliche Thesen in seiner Partei, der SPD, an, ebenso allerdings, wie er außerhalb der SPD dafür Zuspruch und Anhänger findet. Zweimal hatten Parteischiedsgerichte auf Kreis- und Landesebene erlaubt, den SPD-Quälgeist aus der Partei zu werfen. Zweimal hatte sich Sarrazin erfolgreich dagegen gewehrt. Die rechtlichen Hürden für einen Parteiausschluss sind bewusst hoch, damit eine Parteispitze nicht beliebig Mitglieder ausschließen kann. Denn mit Mitgliedern von Parteien ist es dem Recht nach wie mit Abgeordneten in Parlamenten: Sie sind unabhängig.

So hat sich die SPD lange über Sarrazin geärgert. Und je länger es dauerte, den umstrittenen Buchautor loszuwerden, desto größer wurde der Ärger. Am Ende hat sich Sarrazin – ob mit oder ohne Parteiausschluss -- in der SPD letztlich dann doch selbst abgeschafft, wie er es Deutschland einst wegen der Flüchtlings- und Zuwanderungspolitik in einem seiner Buchtitel unterstellt hat. In der SPD will ihn niemand mehr. Vor allem weiß auch Sarrazin: Wer sich derart gegen Ziele und Politik der eigenen Partei stellt, hat dort wirklich nichts mehr zu suchen.

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